Mecklenburg-Vorpommern
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Die Wahl zum 6. Landtag des Landes Mecklenburg-Vorpommern fand am 04.09.2011 statt. Die SPD gewann deutlich vor der CDU, beide Parteien einigten sich auf eine Fortsetzung der großen Koalition. Der Vertrag wurde am 24.10.2011 unterschrieben, Erwin Sellering am folgenden Tag im Schweriner Landtag wiedergewählt, die SPD stellt 6, die CDU 3 Kabinettsmitglieder, Kultusminister ist Mathias Brodkorb.

In der Präambel „Zukunft aus eigener Kraft“ heißt es u. a. zum Bereich Bildung:

Die Koalitionspartner bekennen sich zur Bildung als lebenslangen Prozess. Bildung ermöglicht Menschen die selbstbestimmte Teilhabe an der Gesellschaft und Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. (…) SPD und CDU werden deshalb auch in Zukunft in Mecklenburg-Vorpommern die Weichen für mehr Bildung und Chancengerechtigkeit stellen (…). Die Schulen in Mecklenburg-Vorpommern brauchen Kontinuität und Verlässlichkeit. Sie haben in den vergangenen Jahren viele Veränderungen umgesetzt. Nun wird es auch darauf ankommen, die eingeleiteten Reformen wirken zu lassen. Denn nur gemeinsam mit Schülern, Lehrern und Eltern lässt sich unser Schulsystem erfolgreich verbessern.“

Die Zurückhaltung bei der Weiterentwicklung des Schulwesens und der Umsetzung von Integration oder gar Inklusion ist hier schon erkennbar, deutlicher wird es im Kapitel „Bildung, Wissenschaft und Kultur“ ausgeführt, in dem zwar ein „schlüssiges Gesamtkonzept zum Thema ‚Integration und Inklusion in den Schulen in Mecklenburg-Vorpommern bis 2020‘“ in Aussicht gestellt wird, doch „ob eine Ausweitung des längeren gemeinsamen Lernens für eine positive Weiterentwicklung von Schule sinnvoll ist“, soll erst im Rahmen des Schuldialogs (Lehrer/innen, Eltern, Schüler/innen, Schulverwaltung) geprüft werden. Die Koalitionspartner bekennen sich zur UN-Behindertenrechtskonvention, „es sollen so viele Kinder wie möglich an allgemein bildenden Schulen unterrichtet werden“, der Zeitplan für die Grundschule zeigt hier aber keine Eile. Die Prämisse „Schule braucht Kontinuität und Verlässlichkeit“ für die allgemeinbildendeund die Berufliche Schule lässt darauf schließen, dass Inklusion für die Sekundarstufe I (noch) kein Thema ist.

Die Zahl von Schüler/innen, die nicht mindestens die Berufsreife erwerben, soll deutlich reduzieren werden. Geeignete Maßnahmen im Schulsystem sollen ergriffen und eine „Kultur der Zweiten Chance“ entwickelt werden. „Sie werden das Produktive Lernen und die Produktionsschulen fortführen und dafür sorgen, dass alle Schulabschlüsse grundsätzlich kostenfrei nachgeholt werden können.“ Diese Maßnehmen werden nicht näher definiert, wohl aber wird das bestehende System mit der Möglichkeit einer kleinen Ausweitung festgeschrieben:

Regionale Schulen sichern die Ausbildungsreife sowie den Übergang zur beruflichen Ausbildung und zum Fachgymnasium. Auch im ländlichen Raum müssen sie weiterhin von allen Schülern in einem zumutbaren Zeitraum erreichbar sein. Das Gymnasium und das Angebot gymnasialer Bildungsgänge sind ein wesentlicher Bestandteil unseres Bildungssystems und sollen erhalten bleiben. (…) Damit auch im ländlichen Raum der Zugang zur gymnasialen Bildung gewährleistet werden kann, muss dort die Bildung von Schulzentren in Betracht gezogen werden.“

Der Zugang zur Hochschulreife führt demnach über das Gymnasium als wesentlichem Bestandteil des Bildungssystems, es scheint eher ein kleiner Bonbon für den ländlichen Raum, ihn dort auch über Schulzentren zu erlangen, wenn das dort „in Betracht gezogen“ wird. Eine sehr undeutliche Formulierung, die keine Perspektiven für längeres gemeinsames Lernen eröffnet.

Wolfgang Vogel