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Nach der Landtagswahl: Gesamtschulen im Aufwind

Den Wechsel der Landesregierung in Hannover von Schwarz-Gelb zu rot-grün begleitet die GGG Niedersachsen mit großen Hoffnungen für die Gesamtschulen. Jetzt sollte sehr schnell Schluss sein mit den schulgesetzlichen Diskriminierungen für unsere Schulform.

2003 hatte die damals neugewählte CDU/FDP-Regierung begonnen, die Gesamtschulen systematisch zu behindern. In einem ersten Referentenentwurf für ein neues Schulgesetz kamen die Gesamtschulen bei der Aufzählung der Schulformen überhaupt nicht mehr vor. Sie sollten nur noch als „pädagogische Sonderformen“ existieren. Die GGG reagierte mit einer großen Anzeigenkampagne, Hände weg von den Gesamtschulen. Diese Aktion und weitere schulrechtliche Bedenken führten dazu, dass im nächsten Entwurf die Gesamtschulen als reguläre Schulform wieder aufgenommen wurden, nun aber ein Gründungsverbot für neue Gesamtschulen dekretiert wurde. In den untergesetzlichen Regelungen wurden die Klassenfrequenz auf 30 erhöht, die Zusatzbedarfe für das Fach AWT und den Schwimmunterricht gestrichen und der Ganztagszuschlag gekürzt. Durch die gute pädagogische Arbeit vor Ort stiegen die Anmeldezahlen für die Gesamtschulen kontinuierlich und die GGG sorgte für ihre öffentliche Verbreitung. Immer wieder wurde nach den Anmelderunden von den großen Tageszeitungen auf die fehlenden Gesamtschulplätze hingewiesen, sehr zum Ärger des Kultusministers. 2007 vor der nächsten Landtagswahl verkündete Ministerpräsident Christian Wulff dann, dass er sich durchaus neue Gesamtschulen vorstellen könne. Wer nun gedacht hatte, dass sich nach dem Sieg bei der Landtagswahl die Landesregierung zügig an die Änderung des Schulgesetzes machen würde, sah sich getäuscht. Es dauerte dann so lange, dass erst ab 2009 wieder neue Gesamtschulen gegründet werden konnten. Für die Neugründungen wurden den Schulträgern allerdings hohe Hürden – Fünfzügigkeit prognostiziert auf 10 Jahre – auferlegt. Zudem mussten die Schulträger ein vollständiges dreigliedriges Schulsystem vorhalten. Außerdem durften sich die neuen Gesamtschulen nicht gemäß ihrem pädagogischen Konzept als gebundene Ganztagsschulen gründen. Sie wurden nur als offene Ganztagsschulen zugelassen mit einer absolut minimalen Lehrerstundenausstattung. Trotz dieser Einschränkungen kämpften die Gesamtschulen weiter, 2009, 2010, 2011 und 2012 wurden über 40 neue Gesamtschulen gegründet. Nach den Aussagen im Wahlkampf muss es jetzt zu einem grundsätzlichen Wechsel in der Politik gegenüber den Gesamtschulen kommen. Die neuen Gesamtschulen müssen gebundene Ganztagsschulen mit einer vollständigen Lehrerstundenausstattung werden. Bei der Gründung muss in der Regel die Vierzügigkeit zugrunde gelegt werden, aber auch dreizügige Gesamtschulen in Regionen mit einem sehr starken Schülerrückgang müssen möglich sein. Das Abitur nach 13 Jahren kann mit wenigen schulrechtlichen Veränderungen wieder für die Gesamtschulen gelten. Für die koordinierende und unterstützende Arbeit der über 100 Gesamtschulen mit großen Kollegien und Schülerzahlen ist ein eigenes Gesamtschuldezernat in der Landesschulbehörde und ein eigenes Gesamtschulreferat im Kultusministerium erforderlich. Damit die Schulträger vor Ort ihr Schulangebot nach dem Elternwillen gestalten können, ist auf einen schulgesetzlichen Bestandsschutz für alle Schulformen zu verzichten. Wichtig ist auch die Senkung der Klassenfrequenzobergrenze. Die bestehenden Regelungen führen momentan dazu, dass die Gesamtschulen mit die höchsten Klassenfrequenzen haben. Wie man sieht, gibt es für die neue Landesregierung viel zu tun. Die GGG wird die Politik unterstützend und – wenn nötig – kritisch begleiten. 

Gerd Hildebrandt