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Länderbericht Rheinland-Pfalz 2017/3

Nach einer gemeinsamen Studienfahrt in Herbst 2016 nach Südtirol entstand zu Jahresbeginn ein rheinland-pfälzisches Bündnis Pro Inklusion aus Eine Schule für Alle (RLP), Landesverband der GGG, LAG Gemeinsam leben – gemeinsam lernen und Montessori Landesverband. Derzeit entwickeln wir eine gemeinsame Plattform mit den nachfolgenden Elementen. Für Anfang 2018 ist eine Vearanstaltung mit Prof. Dr. Georg Feuser geplant.

Welche Ziele wir vor Augen haben

Pro Inklusion fordert von den politisch Verantwortlichen, alle Anstrengungen auf die Umsetzung der Inklusion im Sinne der UN-BRK auszurichten. Dazu gehören als übergeordnete Ziele

  1. Alle Kinder besuchen eine gemeinsame Schule.
  2. Für die Aus-, Fort- und Weiterbildung gilt die Leitidee für inklusive Bildung. Lehrkräfte und andere pädagogische Berufe erhalten eine einheitliche, gleichwertige Ausbildung, die zu inklusiver Kompetenz führt.
  3. Es findet eine aktive Förderung von Wissenschaft und Forschung zur UN-BRK an den Hochschulen statt.

Wovon wir uns leiten lassen

Mit der Ratifizierung der UN-BRK durch Bund und Länder hat diese Verfassungsrang. Pro Inklusion als Bündnis im Bildungsbereich fordert insbesondere die Umsetzung des Artikels 24 UN-BRK ein, worin die Vertragsstaaten das Recht von Menschen mit Behinderung auf Bildung anerkennen. „Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein inklusives Bildungssystem auf allen Ebenen ...“

Dabei verstehen wir Behinderung nicht als statischen Begriff, sondern das Verständnis von Behinderung muss im Sinne der Menschenrechte ständig weiterentwickelt werden und bezieht sich auf die „Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren.“

Auf dieser Grundlage setzt sich unser Bündnis dafür ein, dass

  • Kinder mit Behinderungen zusammen mit ihren Gleichaltrigen in einer Schule für Alle für die Dauer der Schulpflicht gemeinsam lernen können,
  • die entsprechenden pädagogischen, personellen, strukturellen und räumlichen Voraussetzungen geschaffen werden,
  • die politisch Verantwortlichen sich der Tragweite der Verpflichtungen bewusst sind, die sich durch die UN-BRK ergibt und entsprechend handeln.

Den Elternwillen als politisches Instrument zum Erhalt des bestehenden Systems zu missbrauchen, entspricht nicht dem Menschenrechtsrang der UN-BRK. Dies gilt ebenso für die Exklusion von Kindern mit komplexer Behinderung.

Wie wir die aktuelle Situation sehen

Wir haben in RLP Rahmenbedingungen für Inklusion, die wir kritisch sehen:

  • Schwerpunktschulen (SPS) haben die Aufgabe, Kinder mit Behinderung inklusiv zu unterrichten, d. h. die Kinder werden in eine neue Schule separiert.
  • Förderschulen existieren weiter neben Grundschulen, Realschulen plus, Gymnasien und integrierten Gesamtschulen.
  • Der Übergang Schule – Beruf ist strukturell und inhaltlich nicht gelöst.
  • Der Elternwille entscheidet grundsätzlich über den Schulbesuch (SPS oder Förderschule), die Schulaufsicht entscheidet über den konkreten Förderort.
  • Einige Förderschulen werden laut Schulgesetz zu sog. Förder- und Beratungszentren (FBZ) „weiterentwickelt“. FBZ sind letztlich nur Maßnahmen zur Standortsicherung von Förderschulen. Sie stehen im Widerspruch zur Zielsetzung eines inklusiven Schulsystems.
  • Nach wie vor werden Kinder durch ein sonderpädagogisches Fördergutachten etikettiert. Es dient lediglich der Zuweisung.
  • Lehrkräfte werden in verschiedenen am separierenden System orientierten Lehrämtern ausgebildet.
  • Das Schulsystem insgesamt ist geprägt von selektiven Vorgaben (Notengebung, zwangsweises Wiederholen einer Klasse, Abschulung, Empfehlungen für weiterführende Schulen etc.), die laut der empirischen Bildungsforschung seit langem keine Legitimation mehr haben.

Was jetzt passieren soll

Wir fordern einen Zeit- und Handlungsplan Inklusive Schule zur Erreichung der o. g. Ziele, in dem nachfolgende Maßnahmen ergriffen werden:

  • Sofortiger Einschulungs- und Umschulungsstopp in die Schulen mit den Förderschwerpunkten Lernen, Sprache und sozial-emotionale Entwicklung. Jahrgangsweise aufsteigend Schließung aller Förderschulen und damit die Überwindung der Doppelstruktur von Regel- und Förderschulen.
  • Kindertagesstätten sind inklusive Bildungseinrichtungen für alle Kinder. Sie besuchen danach die Schule für Alle.
  • Alle Grundschulen werden ab sofort inklusive Schulen.
  • Grund- und weiterführende Schulen werden zusammengeführt, d. h. es gibt keinen zweiphasigen Verlauf der Schulaufbahn. Inklusives Unterrichten setzt voraus, dass Kinder auch nach der 4. Klasse nicht in unterschiedliche Schularten aufgeteilt werden.
  • An Förderschulen sollen keine Beförderungen und Einstellungen mehr erfolgen, Förderschullehrerinnen und -lehrer sowie weiteres Fachpersonal für Inklusion sind dem Regelschulsystem zuzuordnen.
  • Die Lehrerbildung muss in gleichwertige stufen- und fachbezogene Studiengänge umstrukturiert werden: Inklusion ist Auftrag aller Lehrkräfte.

ROSEMI WAUBERT DE PUISEAU