„Das öffentliche Schulwesen besteht aus Grundschulen, Schulen für Behinderte, Erweiterte Realschulen, Gesamtschulen, Gymnasien und beruflichen Schulen.“ ( Art 27, Abs. 3)
Damit haben Schulformen im Saarland Verfassungsrang.
Gegenwärtig sucht die Jamaika-Koalition unter Führung des ehemaligen GEW-Vorsitzenden und Grünen-Politikers Klaus Kessler nach einer Zweidrittelmehrheit für die Streichung von „Erweiterte Realschule“ und „Gesamtschule“. Stattdessen soll „Gemeinschaftsschule“ gesetzt werden.
Der Koalition genügt die Zustimmung einer der beiden Oppositionsparteien LINKE bzw. SPD zur verfassungsändernden Mehrheit. Das ist wichtig zu wissen, weil die SPD am 26.01.2011 die Gespräche mit der Landesregierung abgebrochen hat. DIE LINKE prüft noch.
Das sind die Knackpunkte:
1. Die Regierung verspricht Gleichwertigkeit der beiden Schulformen Gemeinschaftsschule und Gymnasium
Das Versprechen bezieht sich vor allem auf das Angebot einer gymnasialen Oberstufe der Gemeinschaftsschule. De facto das Abiturprivileg des Gymnasiums bereits jetzt dadurch gebrochen, dass die Gesamtschulen die allgemeine Hochschulreife vergeben, doch nicht de jure. Die Klassengröße, das ist der öffentlich diskutierte Knackpunkt, soll für beide Schulformen gesenkt werden. In Rede stehen Zahlen wie 24 bzw. 25. Gültig bleiben soll jedoch 29 als Klassenteiler. Das war ein entscheidendes Datum für den Rückzug der SPD.
Zur Differenzierung: Die Regierung will die Entscheidung der Schulkonferenzen akzeptieren, wenn nach KMK-Vereinbarung oder weitergehend differenziert wird. Nicht nur die SPD sieht hierin einen Widerspruch zur Individualisierungsforderung.
Dem Anspruch auf Gleichwertigkeit dadurch einzulösen, dass die Gemeinschaftsschule mehr personelle und finanzielle Ressourcen erhält, weil viele ihrer Schüler/innen besonderer Unterstützung bedürfen, wird nicht Rechnung getragen. Keine „Privilegien“ für die Gemeinschaftsschule lautet das Credo der Ministerpräsidenten.
2. Der Bildungsminister legt keine Planungsdaten vor.
Im Saarland verlassen 31.2 % (Schuljahr 08/09) die Schule mit dem Hauptschulabschluss nach dem 9. Schuljahr. Hier belegt das Saarland den letzten bei der Abiturientenquote Rang 10 ein (27,0 %) im Ländervergleich ein. Eine Landesregierung verweigert die Auskunft darüber, wo das Saarland im nationalen und internationalen Vergleich in etwa 8 Jahren stehen soll.
Einen Landesschulentwicklungsplan sowie belastbare Aussagen über die Verwendung der nicht unerheblichen sog. Bildungsrendite haben weder die Parlamentarier noch die Öffentlichkeit erhalten. Die Befürchtung, dass Schulen geschlossen und frei werdende Haushaltsmittel zum Schuldenabbau genutzt werden, ist nicht unbegründet. Die Gehälter für Referendare wurden bereits gekürzt.
Im Landesvorstand der GGG
verfestigt sich die Auffassung, dass
- die Koalition eine Schulreform nach Kassenlage – „Schmalhans wird Gemeinschafts-Schulmeister“ – durchziehen will.
- Schulschließungen vorgesehen sind. („Erweiterten Realschulen“ wären dann nicht betroffen, wenn Gemeinschaftsschulen eingerichtet sind. Das bewahrt die CDU vor dem für sie blamablen Eingeständnis, dass die Gesamtschule deutlich mehr Zuspruch findet.)
- der Landtag einem Schulsystem zustimmen soll, ohne über verlässliche Daten zu verfügen.
- Inklusion noch lange nicht auf der Tagesordnung steht.
Das Ziel des GGG LV Saarland bleibt die inklusive Schule. Das Saarland wird diesem Ziel mit dieser Landesregierung nicht wirklich näherkommen. Wir werden jedoch mit vielen anderen heftig dafür streiten.
Klaus Winkel