Anwahlen für das Schuljahr 2012/13
Der Bremer Schulkonsens von 2008 sieht vor, dass der Unterricht in der Oberschule auf unterschiedlichen Anforderungsniveaus zur Berufsbildungsreife, zum mittleren Abschluss und zum Abitur führt. Das Gymnasium führt auf einem Anforderungsniveau zum Abitur.
Nach der Auswertung vom 06.03.2012 haben in der Stadtgemeinde Bremen 1.062 von 3.496 Eltern (30 %) einen Platz an einem der 8 staatlichen Gymnasien für ihre Kinder gewählt.
Aufgrund der Kapazitätsfestlegung standen 1.013 Plätze zur Verfügung, nicht immer an der Wunschschule, sodass zunächst 933 von 3.374 (28 %) aufgenommen wurden. Es ist davon auszugehen, dass sich die Abgewiesenen einen Platz an einem Privatgymnasium suchen werden. Die 2.434 Anwahlen bei den Oberschulen fielen sehr unterschiedlich aus; besonders die „alten“ Gesamtschulen, die ja auch in Oberschulen umgetauft wurden, wurden stark nachgefragt. Um die Kapazitäten nicht zu überschreiten, wurden die Zweit- und Drittwahlen zum Ausgleich verwendet.
In der Stadtgemeinde Bremerhaven haben sich 19 % der Eltern für einen Gymnasialplatz entschieden, was der vorgesehenen Kapazität entspricht. Bei den Anwahlen zu den Oberschulen wird auch hier das Vertrauen der Eltern in die Arbeit der „alten“ Gesamtschulen deutlich. Heinrich-Heine-Schule 28 %, Schule Am Leher Markt 18 % Überhang.
Die Tendenzen in beiden Stadtgemeinden bestätigen Gesamtschulen mit Tradition als attraktive Einrichtungen. Die Frage stellt sich, warum auf diese Bezeichnung für die integriert und inklusiv arbeitenden Schulen verzichtet wurde. Vor allem zur Abgrenzung gegen die additive niedersächsische Oberschule (ohne Regelzugang zum Abitur) könnte der Name Gesamtschule ein klares Signal setzen.
Warum in der Stadtgemeinde Bremen der Trend zum Gymnasium mit 30 % so hoch liegt (bei der Diskussion um das Schulgesetz war die Zahl 20 % festgelegt worden) sollte ernsthaft untersucht werden. Entscheiden sich diese Eltern für die exklusive Schule, um ihren Kindern an der inklusiven Schule das Zusammenleben und Zusammenarbeiten mit benachteiligten Kindern zu „ersparen“? Dann müssten Politik und Verwaltung schleunigst gegensteuern und für alle Schulen inklusives Arbeiten zur Pflicht machen, damit die UN-Konvention nicht nur Absichtserklärung bleibt, sondern tatsächlich Grundlage für das Schulwesen in Deutschland und in Bremen wird.
Am 11.06.2012 findet der 3. Oberschultag in Bremen statt, an dem Kolleginnen der Bremer Oberschulen teilnehmen können. Veranstalter sind die GEW und die GGG. Den Hauptvortrag hält der Bremer Neurobiologe Prof. Gerhard Roth mit dem Titel: Wie lernen Kinder und Jugendliche? In acht Workshops soll dann das tägliche Unterrichten reflektiert und bearbeitet werden, von der inneren und äußeren Differenzierung bis zur Teamarbeit. Intention dieses Fachtags soll auch die Vernetzung der Schulen untereinander sein, damit nicht jedes Mal das Rad neu erfunden werden muss.
Wolfgang Vogel / Karlheinz Koke