Mehr als 200 Menschen nahmen am 1. Landesinklusionstag am 10. Oktober 2015 teil. Die GGG war mit einem gut besuchten Stand vertreten. Auf Initiative des Vereins „EINE Schule für ALLE – länger gemeinsam lernen“ hatte ein breites Bündnis unter dem Motto „Vielfalt ist Bereicherung für Alle“ ein umfängliches Programm zusammengestellt. In einer besonders erwähnenswerten Präsentation zeigten Dr. Luciana Fiocca und Dr. Ute Gebert, Amt für Menschen mit Behinderungen in der Provinz Bozen/Südtirol, die Entwicklungslinien des italienischen Schulwesens zu einem inklusiven Schulsystem auf. Dr. Sven Jennessen und Dr. Michael Wagner von der Universität Koblenz-Landau erläuterten u.a., dass auch mit dem Lehrkräftebildungsgesetz (IKFWBLehrG) die Lehrer/innen in Rheinland-Pfalz völlig unzureichend auf die Tätigkeiten in einem inklusiven Schulsystem vorbereitet werden. Als Lösung können sie sich nur ein einheitliches Lehramt denken, das stufenbezogen ausgestaltet werden müsse.
Das Landesgesetz zur Stärkung der inklusiven Kompetenz und der Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften (IKFWBLehrG) ist am 11.11.2015 verabschiedet worden. Damit bekam es eine Rahmung, die nicht unpassend erscheint. Unsere Kritik bleibt aktuell: „In weiten Teilen ein eher überflüssiges Gesetz, das nicht nur das Lehramt Hauptschule nicht abschafft, sondern alle Lehrämter des dreigegliederten Schulwesens plus Förderschullehramt erhält – mit allen Konsequenzen für Ansehen, Karriere und Bezahlung. Kurz: Viel Flickschusterei, viel Appeasement, wenig Mut und schon gar kein großer Wurf. Eine Chance wurde vertan.“ Die Stellungnahme der GGG und ein Kommentar von Rosemi Waubert de Puiseau sind nachzulesen unter ggg-bund.de/index.php/startseite-rp
Am 13. März 2016 wird das neue Parlament gewählt.
Der Wahlkampf war und ist überschattet von der Flüchtlingsdebatte. Die amtierende Kultusministerin vertrat in der Sache die vernünftige Position, dass alle Flüchtlingskinder in die allgemeinbildenden Schulen aufgenommen werden und zwar nicht über die Klassenmesszahlen hinaus. D.h., dass es keine besonderen Deutschklassen gibt, sondern die Flüchtlingskinder vom ersten Tag an in den Klassenverband aufgenommen werden. Je nach Bedürftigkeit gehen sie für eine bestimmte Zeit in DaF-Kurse, um die nötigen Deutschkenntnisse so schnell wie möglich zu erlangen. Anders ist es bei den Jugendlichen ab ca. 15 Jahren, die im Rahmen einer speziellen zweijährigen Maßnahme an der BBS zum Hauptschulabschluss geführt werden sollen.
In der Bildungspolitik waren sich Bündnis 90 – Grüne, CDU und SPD einig, dass an den Schulen das Schild „Bitte nicht stören“ hängen sollte, wie man auf regionalen Wahlkampfveranstaltungen hören konnte. Die SPD verwies ganz bescheiden auf Bestehendes – selbst der vollmundig angekündigte Weg zu einem „inklusiven Schulsystem“ (aus der Begründung für das IKFWBLehrG) kam in dem Regierungsprogramm nicht mehr vor. Die beiden anderen Parteien hingegen positionierten sich erfreulich deutlich. Die Fraktionssprecherin von Bündnis 90 – Grüne im Stadtrat forderte die vierte IGS für Mainz, und für das Land machte der Vorsitzende der Landtagsfraktion deutlich: „Unser Fernziel ist, dass alle Schüler bis zur 10. Klasse in dieselbe Schule gehen.“ Erfreulich auch die CDU in Sachen Inklusion. Sie setzt sich für „nachhaltige Bildung“ ein, wozu „auch das gemeinsame Lernen behinderter und nicht behinderter Kinder“ gehöre. Die CDU betonte: „Flächendeckende Inklusion in allen Schulen (...) funktioniert nur im Schulterschluss zwischen Kommunen und Land.“ Zwar schiebt sie hier die Ressourcenfrage nach vorne, dennoch konstatieren wir, dass sie Inklusion in allen(!!!) Schulen will.
Wir werden berichten, was das Papier wert war.
Wolfgang Thiel