Länderbericht Rheinland-Pfalz 2018/3
Am 27. Januar 2018 hatte das Bündnis ProInklusion Prof. Dr. Georg Feuser eingeladen. Er hielt einen Vortrag mit dem Titel: „Menschenrecht Inklusion: Die aktuelle Umsetzung im Bildungssystem – ein Widerspruch in sich“ (Vgl. auch Ankündigung in der GL 2/2018).
In seinen einleitenden Bemerkungen knüpfte er an eine Aussage in dem Grundsatzpapier des Bündnisses ProInklusion an: „Inklusion ist Auftrag aller Lehrkräfte.“ Er ergänzte die Aussage um den folgenden Satz: „Inklusion ist der Kern einer humanen und demokratischen Pädagogik.“
In einer überaus lebendigen Diskussion im Anschluss an seinen Vortrag ging er auf die Argumente der Anwesenden ein. Die wichtigsten Ergebnisse aus der Diskussion stellen wir hier zusammen:
Auf die Frage, was denn der Forschungsgegenstand von Inklusion sei, führte er aus: Bei der Forschung gehe es nicht primär um Inklusion, sondern um das Problem der Exklusion von Menschen aus dem Erziehungs-, Unterrichts- und Bildungssystem. „Entsprechend wären die Wirkfaktoren, Steuerungs- und Regulierungsprozesse, die juristische Absicherung der Exklusion und ihre diagnostische Legitimierung u.a. mehr zu untersuchen.“
Hinsichtlich des Stellenwerts des „Elternwillens“ in der Debatte hat er beobachtet, dass es selten Einwände gibt, wenn die Eltern „ihr Kind an einer Sonderschule beschult haben möchten“, anders jedoch „wenn sie eine Beschulung im regulären Erziehungs- Unterrichts- und Bildungssystem wünschen.“ Seiner Auffassung nach bedeutet die UN-BRK für die Praxis, dass das Recht der Eltern auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder gegenüber dem Recht aller auf inklusive Bildung nachrangig ist.
Feuser warnte vor einem „Inklusionismus“. Er meint damit die Integration der Inklusion (oder auch selektierende Inklusion) in das bestehende gegliederte Schulwesen. Er hält es nicht für möglich, das System mit seinen eigenen Waffen zu schlagen, denn „jede Komponente und Verfahrensweise des (bestehenden) Systems zwingt jeden folgenden Prozess, ganz gleich, wo man in dieses System einsteigt, wieder zur Selektion, Ausgrenzung und Einschluss der Ausgegrenzten in besondere Systeme.“ „Das Paradoxon selektierender Inklusion liegt (…) darin, dass man mit den Mitteln, mit denen dieses Ziel erreicht werden soll, zu dessen Gegenteil kommt.“ Dagegen sieht er nur in der Aufklärung über diese Zusammenhänge eine Chance für Inklusion: „Es würde erfordern, selbst den bescheidensten Ansatz in Richtung Inklusion in dieses System extensiv zu nutzen, aber dessen Widersprüche aufzuzeigen und diese transparent zu machen, anstelle sie unter den Teppich zu kehren und einer Zwangsintegration der Inklusion in die Segregation Vorschub zu leisten.“
Wer den ganzen Vortrag nachlesen möchte, kann ihn hier (www.ggg-rlp.org) herunterladen.
WOLFGANG THIEL und ROSEMI WAUBERT DE PUISEAU