Länderbericht Rheinland-Pfalz 2017/1

Am 21. April 2016 fand eine Fachtagung „Was brauchen Kinder nach der Flucht?“ mit mehr als 200 Teilnehmer/-innen statt. Die große Nachfrage macht deutlich, wie wichtig die Thematik für die Schule ist. Die GGG RLP erarbeitete in Zusammenarbeit mit neuen Partnern, dem Montessori-Lan-

desverband, dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband RLP/Saarland, der Regionalen AG der freien Waldorfschulen RLP/Saarland/Luxembourg und dem Verband Deutscher Privatschulen RLP/Saarland e.V. die Konzeption der Veranstaltung.

Im Hauptvortrag machte Prof. Dr. Franz Hamburger die internationalen rechtlichen Rahmenbedingungen – der UN und der EU – deutlich und stellte sie in Bezug zur deutschen Praxis. Er kam zu dem Schluss, dass wir für die Umsetzung der Rechte für geflüchtete Kinder in Deutschland einen „Masterplan“ brauchen: Geflüchteten Kindern ist vordringlich ein Schutzraum zu gewährleisten, ihnen ist Sicherheit und Verlässlichkeit zu bieten, was die wichtigsten Voraussetzungen dafür sind, dass die Folgen der Flucht verarbeitet werden können. Und für sie gilt es – wie für alle Kinder –, den Anspruch auf Individualisierung der Lernprozesse ernst zu nehmen und umzusetzen.

In drei Kurzvorträgen berichteten Praktiker/-innen von ihren Erfahrungen:

  • Bernd Ruf vom Parzival-Zentrum Karlsruhe erläuterte den Begriff des Traumas und gab Einblick in seine Arbeit mit traumatisierten Kindern sowohl in aktuellen Kriegsgebieten als auch in Deutschland.
  • Monika Nather berichtete aus ihrer Montessorischule in München, wie man sich dort auf den Weg gemacht hat und die geflüchteten Kinder integriert hat.
  • Anja Schönbach stellte die Arbeit der Integrierten Gesamtschule Koblenz vor und ließ Dujeen (18) und Mohammed (16), zwei junge Geflüchtete, selbst zu Wort kommen, die den Zuhörern von ihren Wünschen und Erlebnissen im schulischen Alltag berichteten (Deutschlandradio, Mediathek Kultur).

In der abschließenden Podiumsdiskussion kam die gut vorbereitete Bildungsministerin Vera Reiß zu Wort, die deutlich machte, dass sie trotz vieler Anstrengungen (Erhöhung des Etats für die Sprachförderlehrkräfte von 2 auf 4,7 Mio. und Einstellung von 501 Haushaltsstellen für 6000 Schüler/-innen in Deutschintensivkursen) noch ein Defizit bei der Versorgung der Flüchtlingskinder sieht. Sie betonte, dass das System selbst deutlich flexibler werden muss. Die Schulen sollen daher mehr Verantwortung für Personaleinsatz und auch für die inhaltliche Ausgestaltung ihrer Schulcurricula bekommen.

Die Aufnahme von Schüler/-innen mit Fluchthintergrund in die rheinland-pfälzischen Gesamtschulen ist jedoch rein quantitativ begrenzt, da die IGSn i.d.R. mit ihren Schülerzahlen die Klassenmesszahlen erfüllen, also fast keine Aufnahmekapazitäten haben. Trotzdem war lanciert worden, die IGS entzöge sich der Beschulung von Flüchtlingskindern. Tatsächlich hatte aber

die Schulaufsicht von vornherein neuen, zusätzlichen Klassenbildungen an den IGSn eine klare Absage erteilt. Die Hauptlast bei der Beschulung liegt demnach bei den Realschulen plus bzw. im berufsbildenden System.

Die GGG begrüßt, dass keine sog. Deutsch-intensiv-Klassen eingerichtet werden, sondern die Flüchtlingskinder von Anfang an in die Regelklassen aufgenommen werden. In der Praxis haben sich variantenreiche Formen der Beschulung entwickelt, die jedoch nicht immer eine qualitätsvolle und vor allem ausreichende Förderung gewährleisten können. Deutschlandradio Kultur berichtete über die Veranstaltung ausführlich: http://www.deutschlandradiokultur.de/schule-und-integration-was-kin-der-nach-der-flucht-brauchen.2165.de.htm-l?dram:article_id=352079. S. auch: YouTube – „Was brauchen Kinder auf der Flucht“.

ROSEMI WAUBERT DE PUISEAU