Das Ende der Eiszeit im Süden?
Als ich das erste Mal hörte, dass die Grünen und die Roten in Umfragen vor Schwarz-Gelb lagen, da hatte ich eine Vision: Das Ende der Eiszeit in BW! Ich stellte mir vor, wie die vor vielen Jahren unter einer Eisdecke versunkenen alten Gesamtschulen wieder auftauchten und wie Ötzi Zeugnis ablegten von einer fast vergessenen Episode aus der letzten Warmzeit der Bildungspolitik.
Die drei in der 40-jährigen Abwehrschlacht gegen die anstürmenden Eismassen übriggebliebenen Gesamtschulen wurden nicht überrannt und ragten all die Zeit als erratische Blöcke aus dem Eise heraus. Sie verdankten ihr Überleben auch eigentlich nur der Tatsache, dass sie wie Endmoränen am Rande des Eises lagen und die Schubkraft des großen zentralen Gletschers schon zu schwach war, um sie wegzuschieben. Sie verharrten dort in aller Einsamkeit und Isolation, wurden vom Eiszentrum weitgehend ignoriert und hatten weiters keine Aufgabe außer all die kleinen, von der kaltzeitlichen Gesellschaft ausgeschwemmten, unbeachteten Steinchen sowie Sandkörner zu sammeln und vor der Wucht des Eises zu schützen. Jetzt zog sich das Eis zurück, die Wiesen erblühten in verschiedenen fein abgestuften Tönen von Grün und Rot. Die Ruinen der alten Gesamtschulen tauchten wieder auf. Wie Krokusse und Schneeglöckchen sprossen dazwischen aber völlig neue, bunte Pflänzchen pädagogischen Treibens in den lauen Frühlingshimmel. Das Land atmete auf.
Sind das nur Phantasien eines alten Erdkundelehrers?
Keineswegs! All das kann tatsächlich passieren, wenn am 27.03.2011 in BW gewählt wird. Die Zeichen stehen auf Frühling und die Ampeln eher auf Grün als auf Rot.
Meine Prognose ist, dass die derzeitige schwarz-gelbe Koalition nicht mehr weitermachen kann. Selbst wenn die seit über 50 Jahren regierende CDU noch einmal die relative Mehrheit erhalten würde, müsste ein größerer Partner als die FDP für eine Regierungsmehrheit sorgen. Wer es auch immer sein wird – SPD, Grüne und Linke wollen unisono regionale Schulversuche unterstützen, die sich das längere gemeinsame Lernen auf ihre Fahnen geschrieben haben.
Viele Gemeinden und Städte stehen in den Startlöchern und warten auf „grünes“ Licht aus Stuttgart. Die Anträge liegen in der Schublade oder befinden sich im Stadium fortgeschrittener Planung.
Auch meine Heimatstadt Mannheim wartet darauf, einen Antrag auf Genehmigung einer zweiten Gesamtschule in der Stadt mit Aussicht auf Erfolg nach Stuttgart senden zu können.
Warum sollte die allgemeine Klimaerwärmung nicht auch mal auf die politischen Verhältnisse im Süden durchschlagen?
Jürgen Leonhardt