BE: Stellungnahme zum Verfahren Schüleraufnahme 2011
Stellungnahme zu den Aufnahmeregelungen für Schüler an den Integrierten Sekundarschulen (einschl. der Gemeinschaftsschulen)
Die Aufnahme von Schülern in die Sekundarstufe I ist in §6 der Sekundarstufen I-Verordnung geregelt. Bei der Aufnahme für das Schuljahr 2011/12 sind diese Aufnahmeregelungen zum ersten Mal praktiziert worden.
Die dort vorgesehenen – und von der Mehrzahl der Schulen angewendeten – Aufnahmeregelungen für etwa 60 % der Schüler(innen) bringen sie für die Aufnahme in eine Rangreihenfolge, die sich an den bisherigen Leistungen orientiert – in der Regel beurteilt durch die Noten der Grundschule.
An diesem Aufnahmeverfahren kritisieren wir:
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Die Bedeutung der Noten bei der Aufnahme wirkt in pädagogisch fragwürdiger Weise auf die Grundschule zurück. Notenfreie Beurteilungen werden nicht berücksichtigt und nicht gefördert.
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Das bisher im gegliederten Schulsystem übliche Verfahren wird nun auch auf die integrativ arbeitenden Schulen übertragen. In einigen Fällen wurde bekannt, dass an Integrierten Sekundarschulen nur bis zu einer Note von etwa 2,3 eine Aufnahme erfolgte. Diese Praxis wirkt der eigentlich beabsichtigten Heterogenität der Schülerschaft entgegen.
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Leistungsschwächere Schüler haben eine deutlich geringere Chance, in die Schule ihrer Wahl zu kommen, da sie in vielen Fällen nur über das Losverfahren einen Platz bekommen können. Sie sind in diesem Verfahren deutlich benachteiligt und in besonderem Maße von langen Schulwegen betroffen.
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Bei diesem Verfahren gibt es keine Möglichkeit, eine leistungsheterogene Guppe von Schüler(inne)n aufzunehmen, die ihren emeinsamen Grundschulbesuch in der Sek I fortsetzen wollen.
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Mit den an einer Schule abgewiesenen Schüler(inne)n werden die Schulen aufgefüllt, die weniger Anmeldungen als Plätze haben. In diesen Schulen verstärkt sich dadurch der Anteil leistungsschwächerer Schüler(innen). Dadurch verschärft sich auch die soziale Segregation.
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Bei der Realisierung des Konzeptes von SenBWF zur Einführung der Inklusion fällt die formale Feststellung von sonderpädagogischem Förderbedarf in den Bereichen Lernen, Emotionale Entwicklung und Sprache weg. Eine gehäufte (Zwangs-)zuweisung der betroffenen Schüler(innen) zu weniger nachgefragten Schülen wäre die Folge. Die Häufung dieser Schüler(innen) in einigen Schulen stände im Gegensatz zu den Intentionen inklusiver Bildung und Erziehung.
Wir erwarten von der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung eine Änderung des Aufnahmeverfahrens: Ziel muss es sein, nicht eine besonders ausgelesene, sondern eine bevölkerungsrepräsentative Schülerschaft in den Schulen zu erreichen.
Wir erwarten, dass der Parlamentsbeschluss vom 25.6.2009 umgesetzt wird:
Es "bedarf ... einer Schule, die alle Kinder und Jugendlichen mit ihren jeweiligen Ausgangslagen annimmt und individuell fördert, die nicht nach vermeintlicher Leistungsfähigkeit sortiert, sondern individuelles und längeres gemeinsames Lernen in heterogenen Lerngruppen in den Mittelpunkt stellt. Es bedarf eines nicht auslesenden Schulsystems und einer neuen Lern- und Lehrkultur, so wie es dem Selbstverständnis der Gemeinschaftsschule entspricht.
Die bevorstehende Weiterentwicklung der Schulstruktur durch die Errichtung einer integrativen Schulform in der Sekundarstufe, die alle bisherigen Bildungsgänge einschließt und zu allen Abschlüssen, einschließlich Abitur, führt, ist ein wichtiger Zwischenschritt in Richtung eines ungegliederten, nicht auslesenden Schulsystems."
Beschluss der Mitgliederversammlung vom 25.05.2011