Die bildungspolitische Debatte um den Schulstruktur-Umbau in Berlin geht in die nächste Runde. Dabei ergeben sich interessante Gegensätze und Gemeinsamkeiten. In der Presse kann man häufig lesen, dass hier Interessengegensätze von SPD und Linken aufeinanderstoßen. Die Wirklichkeit ist komplizierter. Da beschließt der SPD-Landesparteitag am 17.
Mai "Die Gemeinschaftsschule bleibt das Ziel der Berliner SPD." Die Koalitionsfraktionen (also SPD und Linke) beschließen im Abgeordnetenhaus "Die bevorstehende Weiterentwicklung der Schulstruktur durch die Errichtung einer integrativen Schulform in der Sekundarstufe, die alle bisherigen Bildungsgänge einschließt und zu allen Abschlüssen, einschließlich Abitur, führt, ist ein wichtiger Zwischenschritt in Richtung eines ungegliederten, nicht auslesenden Schulsystems." Und weiter "Die Gemeinschaftsschule wird als schulstufenübergreifende Schulform rechtlich abgesichert."
http://www.parlament-berlin.de:8080/starweb/adis/citat/VT/16/PlenarPr/p16-050bs2479.pdf
Aber im Schulgesetzentwurf, der in der Bildungsverwaltung erarbeitet worden ist, kommt z.B. die Gemeinschaftsschule bei der Definition der Schularten gar nicht vor. Dazu Steffen Zillich, der bildungspolitische Sprecher der Linken: "Kein Gesetz kommt so aus dem Parlament heraus, wie es als Entwurf hineingegangen ist." Noch kurz einige Eckpunkte der Strukturumwandlung: Die Bildungsgangempfehlung am Ende der Grundschule entfällt; Haupt- und Realschule werden zusammengelegt und bilden zusammen mit den Gesamtschulen die neue "Integrierte Sekundarschule"; Gymnasien und (vorerst auch) Förderschulen bleiben erhalten, ebenso grundständige Gymnasien, sie werden aber nicht ausgebaut; Sekundarschule und Gymnasium führen beide zum Abitur und vergeben auch die anderen Schulabschlüsse; Eltern haben das Wahlrecht bei der Anmeldung in Schulen des Sekundarbereichs; Schulen (Sekundarschulen und Gymnasien) mit Übernachfrage wählen mind. 60% der Schüler selbst aus, mind. 30% der Plätze werden durch Los vergeben, 10% sind für sog. Härtefälle vorgesehen; Klassenfrequenzen: 25 an der Sekundarschule, 29 beim Gymnasium; das Gymnasium kann Schüler, die am Ende der 7. Klasse nicht versetzt werden, zwangsweise an die Sekundarschule abschieben, danach gilt ein Abschulungsverbot, soviel zur (mancherorts behaupteten) Gleichwertigkeit von Sekundarschule und Gymnasium; die Sekundarschule kennt kein Sitzenbleiben; sie ist Ganztagsschule.
Wie man sieht, ist auch Berlin trotz dreier Parteien, die sich die gemeinsame Schule für alle auf ihre Parteitagsfahnen geschrieben haben, von einem Bildungskonsenz für eine stringente Umsetzung dieses Zieles weit entfernt. Die Rangeleien gehen weiter.
Der GGG-Landesverband Berlin bereitet eine "G-Schul-Tag" unter dem Titel "Vom unterrichtet Werden zum Lernen" vor. Er wird stattfinden am Freitag, dem 13. November 2009, 14.00 bis ca. 19.00 Uhr in der Fritz-Karsen-Schule.
Lothar Sack