Länderbericht 2009/1
Nun ist er als Senatvorlage da, der offizielle Vorschlag des Senators für die "Weiterentwicklung der Berliner Schulstruktur"; Ende März / Anfang April ist mit der parlamentarischen Entscheidung zu rechnen. Sehr viel Zeit für Änderungen ist nicht mehr. Diese wären dringend erforderlich!
Es war bekannt, dass es eine Schulform neben dem Gymnasium geben soll, in der Haupt-, Real- und Gesamtschule aufgehen sollen, jetzt "Sekundarschule" genannt. Der neue Name überzeugt auch nicht, signalisiert aber, dass die mit der Gemeinschaftsschule angestrebte Langform (mit Grundstufe) nicht ernsthaft verfolgt wird. Eine inhaltliche Begründung für das Heraushalten des Gymnasiums aus den Strukturüberlegungen gibt es nicht. Für die Zugangskriterien zum Gymnasium – ein Prüfstein der Gleichwertigkeit der Schularten - zeichnet sich ab, dass der Senator eine "harte" Regelung bevorzugt: Notendurchschnitt 2,0 in den "Hauptfächern"; die Rückwirkungen auf die Grundschulen wären kontraproduktiv. Die Gymnasien am Abbau der sozialen Selektivität unserer Schulen zu beteiligen, ist nicht in Sicht; das sollen die "Sekundarschulen" alleine richten. Gleiches gilt für die Integration von "Förderschülern", das Gymnasium bleibt "inklusionsfreie Zone". Die sonderpädagogischen Förderzentren gibt es weiterhin trotz des Inkrafttretens der "Convention on the Rights of Persons with Disabilities": Inklusion ist nicht. Noch etwas: Die Sekundarschulen sollen mindestens vier- bis sechszügig sein; ohne inhaltliche Begründung werden kleinere, überschaubare Organisationsformen verboten, nicht aber kleine Gymnasien.
Positives? Die Sekundarschule wird Ganztagsschule. Der Weg zum Abitur ist integraler Bestandteil, sie ist also auch Konkurrenz zum Gymnasium. Das wiederum muss seine einmal aufgenommenen Schüler behalten. Und die Pilotphase Gemeinschaftsschule wird weitergeführt und ausgebaut; das war wohl das Mindeste, was man dem kleineren Koalitionspartner zugestehen musste.
Es befremdet, dass bei einer rot-roten Koalition - beide Parteien haben die "gemeinsame Schule für alle" beschlossen -, nicht mehr herauskommt als bei Schwarz-Rot in Schleswig-Holstein oder bei Schwarz-Grün in Hamburg. Es gibt offensichtlich einen Unterschied zwischen der Papier-Programmatik politischer Parteien und dem faktischen Handeln ihrer Spitzenpolitiker.
Lothar Sack