Länerbericht 2006/2
Stundentafeländerung erreicht Sekundarstufe I
Vor einigen Jahren bereits hat die Berliner Politik entschieden, dass 12-jährige Durchlauf zum Abitur eingeführt wird. Um in den dann acht Jahren von Klasse 5 bis zum Abitur den nach KMK-Vereinbarung festgelegten Mindestunterricht zu erreichen, müssen die Stundentafeln aufgestockt werden. (Sie wurden Anfang der 90-Jahre um etwa dieselbe
Stundenzahl gekürzt.) Diese Aufstockung der Stundentafel erreicht im Schuljahr 2006/07 nun die 7. Klassen: Es sind dann 33 Wochenstunden (einschließlich des Faches Ethik), vier mehr als bisher. Insgesamt vier Stunden kann die Schule zur Felxibilisierung der Stundentafel verwenden: Für die Profilierung der Schulen können damit Standardfächer verstärkt werden, aber auch der Wahlpflichtbereich ausgebaut werden.
Alle Gesamtschulen Ganztagsschulen
Zum Schujahr 2006/07 sollen in Berlin alle Gesamtschulen Ganztagsschulen, genauer Ganztagsschulen in gebundener Form werden. Das hat Senator Klaus Böger den Schulen mitgeteilt. Das betrifft außer den sechs Berliner Gesamtschulen, die bisher Halbtagsschulen waren, alle Gesamtschulen mit offenem Ganztagsbetrieb. Das sind derzeit alle Gesamtschulen im Ostteil der Stadt sowie einige "Spätgründungen" im alten West-Berlin. Die "alten" Gesamtschulen, die zu Beginn der 70-er Jahre gegründet wurden, waren schon immer gebundene Ganztagsschulen.
Die personelle Ausstattung der neuen Ganztagsschulen wird durch eine kostenneutrale Umschichtung erreicht. Künftig erhalten die Gesamtschulen für den Ganztagsbetrieb vier Lehrerstunden pro Klasse (mit 29 Schülern), sowie eine Sozialpädagogen/Erzieher-Stelle für 140 Schüler.
Grundsätzlich ist die Entscheidung zu begrüßen, dass in allen Gesamtschulen der (gebundene) Ganztagsbetrieb eingeführt wird. Das entspricht einer alten Forderung für die Weiterentwicklung der Gesamtschulen. Das Haar in der Suppe ist die kurze Frist, mit der die Entscheidung vor Ort umgesetzt werden soll. In weniger als einem halben Jahr sollen die betroffenen Schulen ein Ganztagsprogramm entwickelt und umgesetzt haben. Weil in der zur Verfügung stehenden Zeit die notwendigen baulichen Anpassungen und Erweiterungen jedoch nicht zu schaffen sind, wird zumindest der Start in den Ganztagsbetrieb mit vielen Provisorien verbunden sein. Es bleibt zu hoffen und zu fordern, dass diese Provisorien zügig beseitigt werden. Das gesamte Vorhaben könnte sonst wegen qualitativer Mängel gefährdet sein.
Hauptschule abschaffen
Die Vorgänge an der Rütli-Schule haben die Diskussion um die Zukunft der Hauptschule und damit die Frage nach der Struktur des Schulsystems auch und gerade in Berlin neu gestellt. Nicht nur Senator Klaus Böger hat seine Sympathie für die Auflösung dieses Schultyps gefunden. Grüne, Linke und auch die SPD in Berlin haben die eine "Schule für Alle" auf ihren Parteitagen längst nicht nur gefordert, sondern beschlossen, d.h. es gibt für dieses Vorhaben eine politische Mehrheit. Trotzdem hat sich in der praktischen Politik noch lange nicht die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Hauptschule die Kehrseite des Gymnasiums (und der Realschule) ist. So ist einmal mehr zu befürchten, dass die eventuelle Auflösung der Hauptschule bei einer Fusion nur mit der Realschule und damit auf halbem Wege stehen bleibt und das Gymnasium weiterhin Schule für die "guten" Kinder (= aus "gutem" Hause) und natürlich für mein Kind ist und weiterhin keine Verantwortung übernimmt für die Schüler, die Zuwendung am dringendsten nötig haben. Dass auch diese Kinder erfolgreich sein können, zeigen uns die Pisa-Sieger.
Lothar Sack