In diesem Schuljahr sind sie nun gestartet, die neuen (und „"alten") "Integrierten Sekundarschulen" (ISS). Als weitergehende Form der integrativen Schule sind auch drei neue Gemeinschaftsschulen (Schule am Rohrgraben/Nikolaus-August-Otto, Tesla, Walter-Gropius) gestartet. Für 2011/12 stehen drei weitere an (Carl-von-Ossietzky, Grundschule im Grünen, Peter-Paul-Rubens/8.ISS Tempelhof-Schöneberg).
In allen Bezirken wird es dann Gemeinschaftsschulen nach Berliner Muster geben – also durchgängig von Jahrgang 1 bis 10/13 – bis auf Reinickendorf: Von allen Gremien der beteiligten Schulen (Hannah-Höch/Greenich) wurde der Antrag beschlossen und u. a. vom Bezirksschulbeirat unterstützt. CDU-Stadträtin und konservative Mehrheit im Bezirksparlament lehnten ab. Soviel zum Thema Respektierung des Elternwillens. Einen ersten "Stresstest" hat die ISS bravourös hinter sich gebracht: die Anmelderunde für 2011/2012. Insgesamt hat es keinen Einbruch bei den Anmeldezahlen gegeben, im Gegenteil: Unter den am stärksten nachgefragten Schulen liegen die integrativen Schulen vorn; die Anmeldungen an Gymnasien sind auf Vorjahresniveau. Einige früher übernachgefragte Gymnasien hatten sogar Mühe, ihre Plätze zu füllen. Allerdings muss sich das problematische Aufnahmeverfahren an den ISS ändern: Die meisten Schulen nehmen jetzt bei Übernachfragenach den Grundschulnoten auf. Das hat keine inkludierende sondern segregierende Wirkung. Eine mit der ISS angestrebte Bevölkerungsrepräsentativität der Schülerschaft lässt sich so nicht herstellen, auch nicht durch die Quote von 30 % der Schüler/innen, die über das Los einen Schulplatz bekommen. Es besteht die konkrete Gefahr, dass weniger nachgefragte Schulen in die Situation der bisherigen Hauptschulen kommen. Diese Tendenz könnte noch verstärkt werden, wenn das vor kurzem vom Senat vorgestellte Inklusionskonzept – nach den Herbst-Wahlen – ohne Änderung des Aufnahmeverfahrens realisiert werden würde: Weitestgehende Abschaffung der LES-Sonderschulen und des Förder-Status betroffener Schüler/innen, dafür Verteilung der Mittel an die ISS (die Gymnasien bleiben weitest gehend exklusiv). Außerdem hat der Bildungssenator gerade ein „Qualitätspaket“ für die Berliner Schule verkündet. Allerdings verscheucht ein kurzer Blick darauf die Vermutung nicht, dass es eher ein Qualitäts-Feststellungs-Paket als ein Qualitäts-Steigerungs-Paket ist. Ansonsten lehnen (fast) alle Parteien Strukturänderungen für die nächste Legislaturperiode ab, Konsolidierung und Schulfriede stehen im Vordergrund: CDU und FDP sowieso – immerhin halten sie nicht an der Hauptschule fest –, die GRÜNEN wollen an ihre frühere Forderung nach längerem gemeinsamen Lernen ("Neun macht klug") nicht so gern erinnert werden, in der SPD setzen sich die Befürworter der gemeinsamen Schule für alle gegen die „Macher“ nicht durch (und so bleibt es bei Parteitagsbeschlüssen), und der Linken fehlen die politischen Mitstreiter für die Überwindung der Ständeschule. Mal sehen, was uns die September-Wahlen bescheren.
Lothar Sack