Wir können nicht weiter abwarten
Länderbericht Nordrhein-Westfalen 2018/3
Seit Einleitung des Inklusionsprozesses in NRW durch die rot-grüne Koalition im Jahre 2013 hat die GGG-NRW das Thema „Umsetzung der Inklusion in den Schulen“ durchgehend beschäftigt. Die fehlende Prozesssteuerung und die unzureichende Finanzierung waren die vorrangigen Kritikpunkte. Im Ergebnis stehen die integrierten Schule vor der Situation, die Hauptlast der Inklusion zu tragen, weil sich die Realschulen und besonders die Gymnasien kaum beteiligen. Die fehlenden Ressourcen führen zu einer Situation in den integrierten Schulen, die zunehmend als nicht mehr zumutbar empfunden wird. Der Regierungswechsel zu einer schwarz-gelben Koalition im Jahr 2017 hat daran nichts geändert.
Vor diesem Hintergrund haben die Vorstände von GEW NRW, GGG NRW, LEiS (Landeselternrat der integrierten Schulen) und SLV-GE (Schulleitungsvereinigung der Gesamtschulen) gemeinsam getagt und im Oktober 2017 – also direkt nach der Landtagswahl - in einem gemeinsamen Positionspapier Eckpunkte für eine gelingende Fortführung der Inklusion an Gesamtschulen und Sekundarschulen formuliert. Dieses Papier wurde vom Schulministerium unkommentiert zur Kenntnis genommen. Weder wurden die Verbände zu einem erläuternden Gespräch eingeladen, noch sind Maßnahmen in die geforderte Richtung erfolgt. Die Schulen signalisieren: Das Maß ist übervoll, bei vielen integrierten Schulen ist die Grenze der Belastbarkeit überschritten. Im Februar trafen sich die Verbände erneut, um zu überlegen, wie den berechtigten Forderungen Nachdruck verliehen werden kann. Unsere Forderungen wurden prägnanter formuliert. Vor allem wurden erste öffentlichkeitswirksame Maßnahmen verabredet. Am 07. Juni fand an der Gesamtschule Bockmühle (Essen) eine erste öffentliche Diskussion mit den bildungspolitischen Sprechern der Landtagsfraktionen statt.
Zusätzlich hat LEiS als Landesverband der Eltern der integrierten Schulen die Eltern zu einer ersten Aktion aufgefordert. Die Schulen sollen es per Schulkonferenzbeschluss ablehnen, zu Schwerpunktschulen für die Inklusion „ernannt“ zu werden.
Weitere Aktionen sind geplant. Alle Beteiligten waren sich darin einig, den öffentlichen Druck zu verstärken, um eine Änderung der Situation zu erreichen.
Folgende Forderungen finden sich im Strategiepapier der Verbände:
- Transparenz der Stellenzuweisung
Das Ersetzen des Begriffs Budget durch den Begriff Kontingent, wie von der neuen Schulministerin geplant, ändert nicht wirklich etwas. - Zwei Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf pro Eingangsklasse
Diese sind eine zumutbare und auf Dauer praktikable Größenordnung um eine gedeihliche Arbeit im integrierten Schulsystem zu organisieren. Die Forderung orientiert sich auch an dem Anteil der Kinder mit sonderpädagogischen Förderbedarf in der Schülerschaft. - Verbesserung der Relationen „Schülerinnen und Schüler je Stelle“
Die Stellenzuweisungen und die Verbesserung der Schüler-Lehrer-Relation an integrierten Systemen ist auszubauen. - Vorrangige Unterstützung der inklusiv arbeitenden Schulen
Die neue Landesregierung plant eine Unterstützung durch nicht sonderpädagogisches Personal im Umfang von 730 Stellen. Diese sind willkommen, ersetzen aber kein qualifiziertes Personal. Die Stellen müssen ausschließlich an Schulen gehen, die sich besonders für die Umsetzung der Inklusion einsetzen (Gesamtschulen, Sekundarschulen und Hauptschulen). - Verbindliche Qualitätsstandards
Erwartet werden die klare Definition eines Standards und die Benennung der dafür erforderlichen Ressourcen (Personal und Raum) durch die Landesregierung. - Beteiligung des Gymnasiums an der Inklusion
Gymnasien müssen gleichberechtigt zielgleich und zieldifferent zu fördernde Kinder aufnehmen. - Abkehr vom Begriff der Schwerpunktschulen – zumindest für integrierte Schulen.
Dieser Begriff ist ein semantisches Ablenkungsmanöver, sind doch nahezu alle Gesamtschulen und Sekundarschulen schon jetzt Schwerpunktschulen der Förderung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Es ist zu erwarten, dass insbesondere integrierte Schulen zu Schwerpunktschulen erklärt werden, um dadurch den Druck auf das Gymnasium zu verringern.
Vgl. Anlagen auf der Website der GGG-NRW (www.ggg-nrw.de)
- Strategiepapier Okt. 2017
- Strategiepapier März 2018