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Länderbericht Nordrhein-Westfalen 2017-03

Integration ist die Aufgabe aller Schulen und bedarf der Unterstützung

Allein im Zeitraum Oktober 2015 bis April 2016 haben die Schulen in NRW über 30 000 Flüchtlingsschüler/-innen aufgenommen. Deren Verteilung auf die Schulen erfolgt durch die kommunalen Integrationszentren (KI). Diese KI haben das teilweise sehr sinnvoll gemacht, teilweise auch weniger sinnvoll. Es gibt kein landeseinheitliches Verfahren. Anders als bei der Inklusion haben sich zunächst alle Schulformen gut beteiligt. Mit zunehmender Dauer entledigen sich die Gymnasien der aus ihrer Sicht nicht geeigneten Schüler und die integrierten Schulen „dürfen“ wieder einspringen.

Die Schulen in NRW haben sich der neuen, schwierigen Aufgabe der schulischen Integration der Flüchtlingskinder und -jugendlichen mit großer Offenheit und viel Engagement gestellt. Es sind entsprechend der unterschiedlichen Erfordernisse an den Einzelschulen unterschiedliche Konzepte entwickelt worden. Ein wichtiges Element waren dabei die „Internationalen Förderklassen (IVK)“ [sic?], die vom Land für maximal zwei Jahre jeweils mit einer halben Lehrerstelle unterstützt werden.

Nach ca. einem Jahr der praktischen Erfahrungen zeigt sich, dass die Problemlagen vor Ort sehr unterschiedlich und die vorgesehenen Ressourcen für eine gelingende Integration nicht ausreichend sind. Aus der Sicht der Schulen sind mindestens ähnliche personelle Ressourcen notwendig wie für

den Bereich der Inklusion. Ein sinnvolles Verfahren wäre es, die Flüchtlingskinder bei der Stellenberechnung doppelt zu zählen. Derzeit endet die so genannte Erstförderung nach spätestens zwei Jahren. Zusätzliche personelle Ressourcen über die Sprachförderung hinaus sind nicht vorgesehen.

Ein neuer Integrationserlass regelt die Umsetzung der schulischen Integration (mal wieder) zum Nachteil der integrierten Schulen. Die jetzt geforderte direkte Beschulung in Regelklassen erfordert nach der Logik des gegliederten Systems vor der Zuweisung an die Schulen eine Sortierung der zugewanderten Schüler nach schulischer Leistungsfähigkeit. Das bedeutet für die integrierten Schulen, dass ihnen das obere und mittlere Leistungsspektrum vorenthalten werden. Vorsichtshalber ist in dem Erlass im Interesse der Gymnasien und Realschulen auch ein Schulwechsel vorgesehen. Das passiert, wie die Praxis zeigt, natürlich nur in Form der Abschulung.

Mittlerweile ist im schulischen Bereich, ähnlich wie im politischen Bereich, die Willkommenskultur durch Pragmatismus abgelöst worden. Im Kern müssen die Schulen die schulischen Anforderungen der Integration der Flüchtlingsschüler mit ihren eigenen Bordmitteln bewältigen. Eine Schule, die sich der Inklusion und der Integration stellt, ist gegenüber der Nachbarschule, die das nicht macht, erheblich benachteiligt. Auf der Grundlage des Integrationserlasses werden den integrierten Schulen abgeschulte Flüchtlingskinder aus dem Gymnasium zugewiesen. Auch an dieser Stelle wird den integrierten Schulen einmal mehr die Ausputzerrolle für das gegliederte Schulsystem zugeschrieben.

Diese kritischen Anmerkungen stellen nicht unsere Bereitschaft in Frage, Kindern und Jugendlichen, die vor Krieg, Hunger und Gewalt geflohen sind, zu helfen. Die GGG NRW fordert auf dem Hintergrund der praktischen Erfahrungen die dazu erforderlichen Ressourcen ein. In NRW haben sich in der großen Bildungskonferenz alle Beteiligten mit großer Einmütigkeit zur „Kultur des Behaltens“ bekannt. Danach übernehmen alle Schulen für die ihnen anvertrauten Schüler die Verantwortung bis zum Ende der Sekundarstufe I. Die GGG NRW fordert, dass dieses Prinzip der pädagogischen Verantwortung mindestens und auch gerade für die Integration der geflüchteten Kinder und Jugendlichen gilt. Das schließt jedwede Abschulung aus.

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