Eine gute Lösung bei rückläufigen Anmeldezahlen?
Sekundarschule: Reduzierung der Zügigkeit
Die Sekundarschule (SK) wurde mit dem Schulkonsens 2011 als fünfte Regelschulform eingeführt. Seitdem sind bereits 100 SK entstanden, nicht überall als „Wunschschule“ der Eltern
BEHREND HEEREN
Ausgangspunkt waren damalsmehrere ländliche Gemeinden im Münsterland.
Diese konnten wegen rückläufiger Schülerzahlen kein vollständiges Schulangebot im Bereich der Sekundarstufe I anbieten. Die SK sollte wesentlich die bisherige HS und die RS ersetzen und gymnasiale Standards gewährleisten. Auch um das gewährleisten zu können, wurden drei Züge als Mindestgröße definiert.
Im Schulkonsens ist aber auch die schulstruturelle Entscheidungsebene vom Land auf die Kommunen übertragen worden: Ermöglichung als Grundprinzip. Die kommunalen Schulträger konnten nun die fünf Regelschulen der Sek. I beliebig kombinieren oder auch alle fünf anbieten. Zwischen 2012 und 2017 entstanden ca. 90 öffentliche GE und ca. 100 öffentliche SK. Landesweit kann nicht mehr von einem einheitlichen Schulangebot gesprochen werden. Wir haben das wiederholt beschrieben (u. a. Dietrich Scholle ISA I/2017) und als einen schulstrukturellen Flickenteppich bezeichnet.
Der Neugründungsboom der integrierten Schulen führte aber auch zu einer verschärften Konkurrenzsituation zwischen den integrierten Schulen und zu den Schulen des gegliederten Systems. Da diese Konkurrenz teilweise existenzbedrohend ist, wird sie auch als Schulkanibalismus bezeichnet.
Sekundarschulen wurden, anders als ursprünglich gedacht, nicht nur in ländlichen Gemeinden als einzige Möglichkeit eines vollständigen Schulangebots der SekI bei niedrigen Schülerzahlen gegründet. SK entstanden auch in Großstädten als fünftes Schulangebot oder in ländlichen Bereichen in unmittelbarerer Nähe zu bestehenden Gesamtschulen oder zu gut erreichbaren Schulen des gegliederten Systems. Dieser ungleichen Konkurrenz können die SK in der Regel nicht standhalten. Wenn Eltern bei gleicher Erreichbarkeit zwischen einer Gesamtschule mit und ohne Oberstufe (SK) wählen können, entscheiden sie sich eher für die GE. Bei guter Erreichbarkeit eines Gymnasiums oder einer Realschule entscheidet sich mindestens ein Teil der Eltern der formal leistungsstärkeren Schüler für diese Schulen.
Das führt dazu, dass eine Reihe von SK nach dem Gründungsjahrgang zunehmend weniger Anmeldungen erhalten. Landesweit befindet sich, bezogen auf die Anmeldungen der Regelschüler für den fünften Jahrgang des laufenden Schuljahres, fast ein Drittel der SK unter der Mindestgröße von 60 Schülern. Ein weiteres Fünftel befindet sich unterhalb der für die Gründung notwendigen 75 Schüler. In der Regel erhalten diese SK im Rahmen des Schülerausgleichsverfahrens Schüler von GE, die nicht alle angemeldeten Schüler aufnehmen können. Das hilft vordergründig zur Bestandssicherung, führt aber auch zu einer Verschlechterung des Rufes bei den Eltern dieser Schulen als qualitative zweite Wahl.
Um den Bestand gefährdeter SK zu sichern, haben die Regierungsfraktionen von CDU und FDP im Schulausschuss des Landtages einen Antrag „Zweizügige Fortführung von Sekundarschulen ermöglichen - Eltern, Lehrern und Gemeinden im ländlichen Raum Planungssicherheit geben“ gestellt. Die SPD hat einen ähnlichen Antrag, der zusätzlich den städtischen Raum einbezieht, eingebracht. Dem Antrag der CDU/FDP haben die Mitglieder aller Parteien im Schulausschuss zugestimmt. Eine zukunftsweisende Lösung für die vielen kleinen SK ist das nicht. Diese Lösung liegt in den meisten Fällen auch nicht im Interesse der Eltern. Die dem Antrag zugrundeliegende Problematik des ländlichen Raumes trifft nur für ganz wenige SK zu. Die meisten zu kleinen SK, auf dem Land wie in der Stadt, haben in der Konkurrenz mit anderen Schulen die schwächste Position. Hier hilft ihnen eine Verkleinerung nicht. Dies hat in vergleichbarer Situation schon den Hauptschulen nicht helfen können. Eigentlich könnte man sich daran noch erinnern.
Anträge unter:
www.landtag.nrw.de - Drucksachen:
17/1114 CDU/FDP Antrag - 17/1291 SPD Entschließungsantrag - 17/1313 Übersicht erledigte Anträge