3logosStellungnahme und Forderungen von GEW, GGG und Grundschulverband

GGG, GEW und GSV haben 11 Forderungen an die Bildungspolitik erhoben. Die zunächst vom Bund zur Verfügung gestellten Geldmittel müssen für langfristig tragfähige Lösungen eingesetzt werden. In erster Linie sind Unterstützungsmaßnahmen für benachteiligte Kinder und Jugendliche zu ergreifen; sie sind in besonderer Weise die Leidtragenden der Corona-Zeit. Lediglich eine Rückkehr zum status quo ante reicht nicht!

Stellungnahme

 s. hierzu auch die Pressemitteilung der GGG vom April 2021:
Corona-Bildungs-Milliarde nicht verschleudern! (PM 2021-04)


Die Corona-Pandemie hat die vorhandene Bildungsarmut und die bestehenden Bildungsbenachteiligungen im allgemein- und berufsbildenden Schulsystem noch weiter vergrößert. GEW, GGG und der Grundschulverband begrüßen, dass der Bund Mittel bereitstellt, um kompensatorische Fördermaßnahmen für Kinder und Jugendliche und junge Erwachsene innerhalb und außerhalb der Schulen finanziell zu unterstützen und fordern, dass die Länder zusätzlich eigene Finanzmittel für das Programm zur Verfügung stellen. Die finanzielle Unterstützung eines Programms zur kompensatorischen Förderung von Schülerinnen und Schülern muss schulformübergeifend von der Primarstufe bis zur Sekundarstufe II nachhaltig und systemisch erfolgen. Eine Ausweitung prekärer Beschäftigungsverhältnisse ist zu vermeiden.

Die Wirksamkeit des Mitteleinsatzes darf nicht daran scheitern, dass bislang ein Gesamtkonzept fehlt, wie die mittel- und langfristigen Folgen der pandemiebedingten Lockdowns und der damit einhergehenden Schulschließungen für die Kinder und Jugendlichen abgemildert werden können. Zentrales Ziel der Fördermaßnahmen muss ein Beitrag zum Abbau der sich pandemiebedingt vergrößerten und der bestehenden Bildungsarmut sein. Dabei kommt den Schulen eine zentrale Rolle zu.

Aus Sicht der GEW, der GGG und des Grundschulverbandes sind die folgenden Eckpunkte für die anstehende Bund-Länder-Vereinbarung zur Finanzierung des Förderprogramms und zu dessen weiterer inhaltlicher und organisatorischer Ausgestaltung zentral:

  1. Die vom Bund über eine Änderung des Verteilungsschlüssels für die Umsatzsteuer bereitgestellten Mittel müssen den Ländern zweckgebunden zur Verfügung gestellt werden.
  2. Die Verteilung der Mittel auf die einzelnen Länder muss auf der Basis ihrer sozio-ökonomischen Lage und nicht nach Königsteiner Schlüssel oder gemäß ihres jeweiligen Umsatzsteueraufkommens erfolgen Es muss gelten: Ungleiches muss ungleich behandelt werden.
  3. Die den einzelnen Ländern zur Verfügung stehenden Mittel müssen in den Ländern den Schulen entsprechend ihres sozio-ökonomischen Umfeldes möglichst auf der Basis eines Sozialindexes zur Verfügung gestellt werden.
  4. Auf Grund des bestehenden Lehrkräftemangels werden die Fördermaßnahmen nicht von den Schulen und von Lehrkräften allein durchgeführt werden können. Für außerschulische Anbieter von Fördermaßnahmen müssen verbindlichen Qualitätskriterien vorgegeben und überprüft werden.
  5. Die kompensatorischen Fördermaßnahmen müssen in bestehende schulische Ganztagsangebote integriert werden. In Schulen ohne Ganztagsangebote ist für die mit den Mitteln des Bund-Länder-Programms geförderten kompensatorischen Fördermaßnahmen ein schulisches Gesamtkonzept erforderlich.
  6. Die kompensatorischen Förderangebote sollen den Schülerinnen und Schülern auf der Basis ihrer jeweiligen Lern- und Entwicklungsstände unterbreitet werden. Den Schulen sind hierzu entsprechende Verfahren zur Lernstandsanalyse (auch digital) zur Verfügung zu stellen. Klassenarbeitserlasse und vorgeschriebene Leistungsüberprüfungen müssen (befristet) ausgesetzt bzw. flexibel gehandhabt werden, damit die Lehrkräfte mehr Zeit für Lern- und Entwicklungsgespräche mit ihren Schülerinnen und Schülern haben.
  7. Für die zusätzlichen kompensatorischen Fördermaßnahamen müssen Lern- und Fördervereinbarungen auf der Basis von Entwicklungsgesprächen zwischen den Schülerinnen und Schülern und ihren Eltern einerseits und den Lehrkräften sowie denjenigen, die die Schülerinnen und Schüler
    fördern, andererseits abgeschlossen werden.
  8. Die Lehrkräfte und diejenigen, die die Schüler*innen zusätzlich fördern sind zur Zusammenarbeit zu verpflichten. Für die Lehrkräfte und diejenigen, die die Schülerinnen und Schüler fördern, sind hierfür (bezahlte) Zeitkontingente vorzuhalten.
  9. Die Lernfortschritte der Schülerinnen und Schüler und die Fortschritte in ihrer sozialen Entwicklung müssen auf der Basis ihres zu Beginn festgestellten Lern- und Entwicklungsstandes und der getroffenen Fördervereinbarung überprüft und dokumentiert werden. Der Lernprozess der Schülerinnen und Schüler muss durch lernbegleitende Rückmeldungen gesichert werden.
  10. Die Schulen und die Jugendhilfeträger, Jugendkultureinrichtungen, Sportvereine, Familienbildungs- und -freizeitstätten und sonstigen Einrichtungen, die die dem BMFSFJ zur Verfügung gestellten Mittel in Anspruch nehmen, sind im Sinne einer ganzheitlichen Förderung der Kinder und Jugendlichen zur Zusammenarbeit zu verpflichten.
  11. In der nächsten Legislaturperiode muss eine verfassungsrechtliche Grundlage für eine Verstetigung des Förderprogramms zur weiteren Bekämpfung der Bildungsarmut geschaffen werden. Der Bund muss neben der Schaffung gleicher Lebensverhältnisse auch zur Schaffung gleicher Bildungsverhältnisse verpflichtet werden und die Möglichkeit bekommen, gemeinsam mit den Ländern hier auch tätig werden zu können.

GEW, GGG und der Grundschulverband sind bereit an Vorschlägen zur Mittelvergabe, zur Ausgestaltung von Kooperationen mit außerschulischen Trägern und zur Erarbeitung verbindlicher Qualitätskriterien mitzuarbeiten.

Mit freundlichen Grüßen

MARLIS TEPE
GEW-Vorsitzende

DIETER ZIELINSKI
GGG-Vorsitzender
EDGAR BOHN
GSV-Vorsitzender