Aufbruch 2019:
"Die Schule als gesellschaftsbildende Kraft"
(Fritz Hoffmann, Fritz-Karsen-Schule, 1947)
36. GGG-Bundeskongress - 50 Jahre GGG
Donnerstag, 19. Sept., bis Sonnabend, 21. Sept. 2019
Foren Freitag, 20. Sept. 2019, 17.30 – 20.00
17.30 - 20.00 Foren
"Welche Voraussetzungen müssen für eine inklusive Schule für die Demokratie geschaffen werden?"
Foren: Einführung
Foren
Welche Voraussetzungen müssen für eine inklusive Schule für die Demokratie geschaffen werden?
Gesamtschulen sind nun schon seit 50 Jahren auf dem Weg, die Kongressschule selbst schon über 70 Jahre, in der DDR gab es mit der POS 40 Jahre die Schule für alle – aber selbst die 100-jährige Grundschule ist vor allem in städtischen Regionen noch heute von einer inklusiven Schule für alle Kinder weit entfernt. Und die Gemeinschafts-, Stadtteil-, Sekundar- und Oberschulen, z.T. in ihren Bundesländern zwar einzige Schulform neben dem Gymnasium, müssen sich noch immer mit schulformorientierten Regularien wie verschiedenen Aufnahme-, Einstufungs- und Bewertungsvorgaben, Abschlüssen und Lehrämtern herum-plagen. Wie schaffen wir hier den wirklichen Aufbruch? Welcher Voraussetzungen bedarf es, damit unsere Schulen endlich als echte Alternative zum selektiven Schulsystem die Anforderungen an eine inklusive Schule für die Demokratie umsetzen können?
Die Schulbesuche am Vormittag zeigen Praxis und Erfahrungen Berliner Schulen. In 5 Foren werden wir einige aufgreifen und dazu weitere Ideen, Praxisbeispiele und Entwicklungsansätze vorstellen, Folgerungen erörtern und Forderungen formulieren, die dann in die Podiumsrunden am Samstag eingehen können. Daraus wollen wir als GGG ggf. zu einzelnen Ansätzen auch Bundesarbeitsgruppen initiieren und so die Entwicklung in den Schulen weiter unterstützen.
Forum 1: Lehrkräftebildung inklusiv – das Ende der “Lehrämter”?!
Forum 1:
Lehrkräftebildung inklusiv – das Ende der „Lehrämter“?!
Prof. Dr. Gabriele Bellenberg, Ruhruniversität Bochum (Nordrhein-Westfalen)
Walter Rindfuß, Leiter Studienseminar Rüsselsheim (Hessen)
Moderation: Dieter Zielinski, Kiel (Schleswig-Holstein)
Auch 50 Jahre nach der Einrichtung der Gesamtschulen werden in den meisten deutschen Bundesländern Lehrkräfte noch immer für „Schulformen“ ausgebildet, fehlt es an einer Lehrerausbildung für die Schulen des gemeinsamen Lernens. Bei der Entscheidung für „das Studium auf Lehramt“ überwiegt weiterhin das Interesse an einem ‚Unterrichtsfach‘. Die inklusive Aufgabe, die Potenziale aller Kinder in einer Schule bestmöglich zu entfalten, ihre Verschiedenheit wertzuschätzen und im Miteinander fruchtbar werden zu lassen, wird nicht angemessen berücksichtigt.
Noch immer stellt oft erst das Referendariat nach dem Studium die wesentliche Brücke zur schulischen Realität dar – die (Selbst-)Wahrnehmung im tagtäglichen Umgang, das Eingehen auf die Vielfalt in den Lernsituationen rückt erst nach Abschluss des Studiums in den Mittelpunkt.
In diesem Forum wollen wir die Ausgestaltung einer Lehrkräftebildung für die inklusive Schule, ihre notwendigen Inhalte, Visionen und Haltungen ebenso in den Blick nehmen wie zu verändernde Strukturen, Verordnungen und Gesetze.
Forum 2: Sekundarstufe II für alle – das Ende der gymnasialen Oberstufe?!
Forum 2:
Sek. II für alle – das Ende der gymnasialen Oberstufe?!
Dr. Joachim Lohmann, Kiel (Schleswig-Holstein)
Ulrike Salden, W.-v.-Humboldt-Schule; NN, Elinor-Ostrom-Schule (Berlin)
Moderation: Dagmar Naegele, Köln (Nordrhein-Westfalen)
Die Sekundarstufe II auch an Gesamt-, Gemeinschafts- und anderen integrierten Schulen wird derzeit weitgehend als „gymnasiale Oberstufe“, also einzig als Weg zum Abitur realisiert. Sie gilt hier als notwendiger „Attraktor“ für Eltern; sie stabilisiert so aber die traditionelle Schulformorientierung in der Gesellschaft – und in den Schulen(!). Sie gefährdet eine gleiche Wertigkeit der vielfältig verschiedenen Fähigkeiten und Perspektiven der Schüler*innen, korrumpiert oftmals die Sicht der Lehrkräfte und kann die Arbeit in der Mittelstufe beeinträchtigen.
In diesem Forum wollen wir die Idee einer Sekundarstufe II für alle politisch begründen, Entwicklungsansätze für eine offenere Gestaltung vorstellen und die Perspektiven diskutieren.
Forum 3: Innere Strukturen entwickeln – das Ende der “homogenen” Klasse?!
Forum 3:
Lernen in Vielfalt – das Ende der ‚homogenen‘ Klasse!
Silke Henningsen, Dr. Susanne Gölitzer, IGS Frankfurt a.M. (Hessen)
Ann-Katrin Schwindt, Heinrich-von-Stephan-Gemeinschaftsschule (Berlin)
Britta Carstens, Winterhuder Reformschule (Hamburg)
Moderation: Elke Hilliger, Reformschule Kassel (Hessen);
Jahrgangsklassen suggerieren Homogenität, fördern Gleichschrittigkeit und Konkurrenz, verstellen den Blick auf die Vielfalt, die unterschiedlichen Entwicklungsstände und Lernzugänge der Kinder. Jahrgangsübergreifende Lerngruppen erfordern unausweichlich die verschiedenen Entwicklungsstände anzuerkennen und zu berücksichtigen.
In diesem Forum wollen wir die pädagogische Begründung des jahrgangsübergreifenden Lernens (jüL) vertiefen, Erfahrungen mit durchgehender oder teilweise jahrgangsübergreifender Lernorganisation vorstellen, Fragen der Einführung und Umsetzung ansprechen und die Perspektiven der Entwicklung dieses Ansatzes für das gemeinsame Lernen diskutieren.
Forum 4: Kompetenzorientierte Beurteilung – das Ende der Noten und der äußeren Fachleistungsdifferenzierung?!
Forum 4:
Kompetenzorientierte Beurteilung – das Ende der Noten und äußerer Fachleistungsdifferenzierung?!
Judith Bauch, W.-v.-Humboldt-Gemeinschaftsschule (Berlin)
Ulrich Gernhoefer, Anne-Frank-GemS, Bargteheide(Schleswig-Holstein)
Moderation: Barbara Riekmann (Hamburg)
„Leistungsorientierung“ wird noch immer und überwiegend mit differenzierten Schulformen bzw. Zuordnung zu definierten Fachleistungsniveaus und entsprechende Lernorganisation meist in getrennten Kursen verstanden. Dies erfordert formale vergleichende Bewertungen und trägt zum Fortbestand der wenig lernzuträglichen Notengebung bei. Diese behindert die Weiterentwicklung inklusiven Lernens und verstellt den Blick auf den Auftrag der Schule in einer inklusiven Gesellschaft: die bestmögliche Potenzialentfaltung für alle Kinder.
In diesem Forum wollen wir aufzeigen, wie die kompetenzorientierte Gestaltung des Lernens die Chance eröffnet, in einer veränderten Lernorganisation eine je individuell bestmögliche Entfaltung der vielfältig verschiedenen Fähigkeiten der Kinder zu gewährleisten – ohne diese vorab bestimmten Leistungs- und Abschlussniveaus zuzuordnen. Dieser Einsicht folgend fordert die GGG, durch die Aufhebung der Einstufungsvorgaben eine Grundvoraussetzung für die Weiterentwicklung zu inklusiven Schulen zu schaffen. Die GGG hat hierzu eine Initiative auf den Weg gebracht, die sich an alle Kultusministerien und die KMK richtet sowie der Unterstützung durch andere Organisationen bedarf.
Forum 5: Lernen gemeinsam gestalten – das Ende des “Unterrichtens”?!
Forum 5:
Lernen gemeinsam gestalten – das Ende des „Unterrichtens“?!
Emely Dilchert, (Ex-)Landesschulsprecherin (Hessen)
NN, Schüler GemS, Berlin;
Reinhard Rätz, Max-Brauer-Schule, Hamburg;
Moderation: Mirjam Blumenthal, Eltern, SPD-Fraktion Neukölln (Berlin);
Noch immer treffen überwiegend alleine die Lehrkräfte die Auswahlentscheidung für Inhalte und Methodik ihres ‚Unterrichts‘ – Rahmenpläne und Bildungsstandards liefern die Vorgaben. Schüler*innen werden vorwiegend als Objekte des ‚Unterrichts‘ gesehen. Das ‚Lernen‘ der Schüler*innen wird durch diese Gestaltung des ‚Unterrichts‘ massiv fremdbestimmt und wirkliche Verantwortungsübernahme für den eigenen, subjektiven Lernprozess verhindert: Vom „Lernen statt unterrichtet werden“ sind wir noch weit entfernt. Damit wird eine Chance vertan, durch echte Teilhabe in der Schule die Schüler*innen zu ermutigen, auch später Teilhabe und Verantwortung in dieser Gesellschaft einzufordern und zu übernehmen.
In diesem Forum wollen wir Erwartungen, Ansätze und Erfahrungen erörtern und gemeinsam diskutieren, wie Lernen zu arrangieren ist, um die Schüler*innen als „Subjekte ihres Lernens“ ernst zu nehmen und an allen notwendigen Entscheidungen dazu maßgeblich zu beteiligen.