Die folgenden Beiträge der Rubrik "GGG aktiv" in HEFT 2024/4 unserer Zeitschrift Die Schule für alle berichten über Aktivitäten der GGG:
- J. Knigge-Blietschau: Bericht vom Hauptausschuss
- G. Lein: Gemeinsamer Werteunterricht in einer Schule für alle
- D. Zielinski: Innovationskongress Oberstufe 2024
- Eine Schule für alle und die AfD: Inkompatibel
Pressemitteilung der GGG und
Ein Kommentar von C. Lohmann: Achtung! Demokratie in Gefahr
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Berichte aus der bildungspolitischen Verbandsarbeit
Die ganze Rubrik GGG aktiv mit allen Artikeln steht Ihnen zum Herunterladen zur Verfügung.
J. Knigge-Blietschau: Bericht vom Hauptausschuss
Ein Neuling im Hauptausschuss der GGG. Er will wiederkommen.
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Stimmungsbericht
von der Hauptausschusssitzung in Bad Sassendorf
Johann Knigge-Blietschau
Nach drei Jahren als Co-Vorsitzender unseres kleinen, aber sehr feinen Landesverbandes Schleswig-Holstein habe ich im September zum ersten Mal an der Hauptausschusssitzung teilgenommen. Für mich war das eine horizonterweiternde Erfahrung.
Natürlich hatten wir mit Dieter Zielinski als Bundesvorsitzendem und langjährigem Landesvorsitzenden immer einen kurzen Draht zur Bundes-GGG. Darum wusste ich, welche wichtigen Aktivitäten die GGG auf Bundesebene entfaltet. Aber der Hauptausschuss hat für mich greifbar gemacht, wie bundesweit vernetzt und handlungsfähig unser Verband ist. Allerdings wurde auch deutlich, dass wir in der Altersstufe unter 50 noch deutlich stärker werden müssen.
Handlungsfähig – dieser Anspruch wurde gleich beim ersten großen inhaltlichen Thema deutlich: Auf welchem Weg kommen wir zur einen Schule für alle? Der Auftakt dazu war gelungen: In einem sehr interessanten Impulsreferat von Rainer Dahlhaus wurden die zahlreichen Hindernisse auf diesem Weg thematisiert. Im Zentrum stand dabei die Bündelung sozialer Problemlagen an Schulen des gemeinsamen Lernens in der Konkurrenz zu Gymnasien, unterlegt mit sehr aufschlussreichem Zahlenmaterial, insbesondere Sozialindizes. Die Weiterarbeit an diesem Thema wurde zunächst an die Bundesarbeitsgruppe Politik delegiert. Der Kampf für die eine Schule für alle ist angesichts der zunehmenden Bildungsungerechtigkeit objektiv immer wichtiger. Auch wenn die Aussicht, ihn in absehbarer Zeit zu gewinnen, ausgesprochen schlecht sind, ist es dennoch motivierend, das große Ziel nicht aus dem Auge zu verlieren. Es zeugt vom Selbstbewusstsein unseres Verbandes.
Beeindruckt war ich von den Berichten vom Bundeskongress in Sachsen. Auch hier wurde für mich die strategische Handlungsfähigkeit der GGG in einer Weise deutlich, die ich bis dahin nicht gesehen hatte: Einen großen Kongress mit lokalen Partnern in einem Bundesland zu veranstalten, wo die Schulen des gemeinsamen Lernens noch schwach sind, ist eine großartige Leistung, für die alle Verantwortlichen zu Recht überschwängliches Lob bekommen haben. Ich bin sehr gespannt, ob es gelingt, eine ähnlich erfolgreiche Veranstaltung 2026 in Thüringen durchzuführen. Das ist zumindest der Plan.
Fachlich hochinteressant war der Vortrag zur äußeren Differenzierung in den Schulen des gemeinsamen Lernens. Der per Video zugeschaltete Referent Dr. Benjamin Edelstein hatte anhand der Schulgesetze der Bundesländer die Schulstruktur mit einem Fokus auf die integrierten Schulformen analysiert. Dabei zeigte sich, dass eine vollständige Integration der Schülerinnen und Schüler in binnendifferenzierten Lerngruppen keineswegs vorausgesetzt werden kann. Die Aufteilung der Schüler*innen zumindest in Kursen, die verschiedenen Bildungsgängen zugeordnet werden, ist nach wie vor weit verbreitet – in Schleswig-Holstein existiert diese nur noch als Ausnahme vom gemeinsamen Unterricht. Damit ist SH in der Integration relativ weit vorn – aber auch in unserem Bundesland gibt es Schulen, die es mit der „Verkursung“ in den oberen Klassenstufen so weit treiben, dass die Schülerinnen und Schüler kaum noch in einer Klasse zusammensitzen.
Dies ist kein vollständiger Bericht. Es gab noch zahlreiche weitere wichtige Impulse – nicht zuletzt die Bemühungen, die Website der GGG neu zu gestalten. Inhaltlich waren diese drei Tage sehr angefüllt und spannend. Vor allem habe ich mich aber auch gefreut, die Aktiven unseres Verbandes aus den anderen Bundesländern beim abendlichen Zusammensein näher kennen zu lernen. Unterkunft, Verpflegung und Logistik waren perfekt. Ich bin sehr froh, an der Tagung teilgenommen zu haben und freue mich auf das nächste Mal.
Artikel aus Die Schule für alle Heft 2024/4
G. Lein: Gemeinsamer Werte-Unterricht in einer Schule für alle
Gemeinsamer Werteunterricht für alle und/oder Religionsunterricht ist hier die Frage.
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Gemeinsamer Werteunterricht
in einer Schule für alle
Gerhard Lein
Die GGG setzt sich seit Bestehen für die Schule für alle ein, in der Schülerinnen und Schüler nicht nach Leistung oder sonstigen Merkmalen eingeteilt oder sortiert werden. Wie wir wissen, ist das ein langwieriger Kampf. Ein gemeinsames Unterrichtfach, in das wir die trennenden Religionsunterrichte und dazu den Ethik-Philosophie-Religionskunde-Unterricht für religionsfern aufwachsende Schüler*innen überführen sollten, gehört im Grund dazu!
Das einzige Unterrichtsfach, das es in unser Grundgesetz geschafft hat, ist der Religionsunterricht. Im Artikel 7 Absatz 3 steht u. a., dass er „unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechts … in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt“ wird, und Ländersache ist. Was in den Anfangsjahren der Bundesrepublik unproblematisch, einfach und überschaubar schien, immerhin waren über 90 % der Bürgerinnen und Bürger Mitglieder einer der beiden großen Religionsgemeinschaften, hat sich zu einer verwirrenden Vielfalt entwickelt. Heute geht es nicht mehr nur um evangelischen oder katholischen Religionsunterricht. In Hamburg haben z. B. fünf verschiedene Religionsgemeinschaften, in Hessen über zehn das gesetzliche Recht, „ihren“ schulischen Religionsunterricht durchzuführen. Dabei sind auch islamische und alevitische Religionsgemeinschaften, nicht jedoch z. B. die buddhistische, die noch auf diese Anerkennung wartet. Die Länderregelungen sind sehr unterschiedlich.
Nur noch die Hälfte der bundesdeutschen Bevölkerung ist Mitglied einer Religionsgemeinschaft
Nun hat sich hierzulande auch die Religionszugehörigkeit insgesamt dramatisch verändert. Nur noch die Hälfte der bundesdeutschen Bevölkerung ist Mitglied einer Religionsgemeinschaft oder fühlt sich einer zugehörig So haben es jüngst die 5. Studie der EKD zur Kirchenmitgliedschaft1 oder der Bertelsmann-Religionsmonitor2 festgestellt. Ca. die Hälfte der Schülerinnen und Schüler besuchen nach Erreichen der Religionsmündigkeit mit 14 Jahren weiterhin den Religionsunterricht, die anderen melden sich für alternative Pflichtunterrichte – zumeist Philosophie, Ethik oder wie auch immer die Länder sie bezeichnen, auch hier von Land zu Land sehr unterschiedlich.
Nicht alle Bundesländer bieten den Erziehungsberechtigten in den Klassen 1–4, 5/6 einen Alternativunterricht und drängen deren Kinder auf diese Weise unfair in einen Religionsunterricht hinein. In einigen Bundesländern rücken die Religionsgemeinschaften zusammen, bilden einen konfessionell-kooperativen evangelisch-katholischen – oder gar „religionspluralen“ Religionsunterricht. Das vorgebliche Motiv: Besser miteinander und voneinander lernen als getrennt übereinander reden.
Gegenstand des Religionsunterrichts sind Bekenntnisinhalte und Glaubenssätze so das BVerfG
Religionsunterricht, so hat es das Bundesverfassungsgericht am 25.2.1987 entschieden, ist jedoch „keine überkonfessionelle vergleichende Betrachtung religiöser Lehren, nicht bloße Morallehre, Sittenunterricht, historisierende und relativierende Religionskunde, Religions- und Bibelgeschichte. Sein Gegenstand ist vielmehr der Bekenntnisinhalt, nämlich die Glaubenssätze der jeweiligen Religionsgemeinschaft. Diese als bestehende Wahrheit zu vermitteln, ist seine Aufgabe.“ (BVerfGE 74, 244 (252)). Wer weiß, wie lange innerreligiöse, synkretistische Modelle des Zusammengehens höchstrichterlichen Bestand haben werden.
Kooperationstendenzen bei Religionsgesellschaften können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Religionsunterricht auf trennende bzw. konkurrierende Bekenntnisse ausgerichtet ist. Und angesichts der schon erwähnten religions-demografischen Entwicklung in unserem Land schließt er zudem die stark zunehmende Zahl konfessionsfreier Menschen aus einem im Grunde eigentlich erwünschten Dialog aus.
Was wir brauchen ist ein gemeinsames Fach
Was wir brauchen ist ein gemeinsames Fach, in dem Schülerinnen und Schüler lernen, sich über Werte in unserer Gesellschaft auszutauschen; dabei sollen sie auch Religionen und deren Wertvorstellungen kennen lernen und – gerade, wenn sie Erfahrungen mit ihnen haben – sich auch kritisch auseinandersetzen. Dies alles in Verantwortung des Staates und nicht einzelner konkurrierender Religionsgesellschaften.
Genauso wie im Gesellschaftskunde-/Politik-Unterricht bei Unterrichtenden, die Mitglieder von Parteien sind, kein sozialdemokratischer oder christdemokratischer Unterricht gemacht werden darf.
Wem könnten eine Diskussion und Propagierung dieser Forderung besser zustehen als der GGG, einer Organisation, die sich seit Bestehen einsetzt für ein gemeinsames Lernen in einer nicht ausgrenzenden Schule, und dem Grundschulverband, dem wir als GGG herzlich verbunden sind.
In der Bevölkerung haben wir eine deutliche Mehrheit für einen gemeinsamen Ethikunterricht. Das Marktforschungsinstitut GFK (Nürnberg) fand 2022 in einer repräsentativen Studie dafür eine klare Mehrheit von 72 Prozent. Dass sich ein beträchtlicher Teil der Befragten (50 %) auch für ein zusätzliches freiwilliges Fach Religionslehre ausspricht, irritiert nicht, wenn zugleich nur gerade 28 % wollen, dass alles so bleibt3 .
Nicht unerwähnt bleiben soll eine weitgehend unbekannte Bestimmung unseres Grundgesetzes. Im Artikel 7 (3) heißt es: „Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach.“ Schaut man in den Länder-Schulgesetzen nach, dann findet man keines, in dem die bekenntnisfreie Schule (ohne Religionsunterricht!) auch nur genannt wird.
Dr. Dieter Galas, ehem. Schulleiter der IGS Langenhagen und GEW-Niedersachsen-Vorsitzender, hat dieses Unterlaufen einer Grundgesetzbestimmung vor einiger Zeit durch eine (leider erfolglose) Petition an den Landtag wieder bewusst gemacht. Die Bundes-Fachgruppe Gesamtschulen der GEW hat jüngst beschlossen, das Thema „Bekenntnisfreie Schule“ auf den Bundes-Gewerkschaftstag der GEW zu bringen. Schulen müssen ein Recht erhalten, den Weg zu einer bekenntnisfreien Schule beschreiten zu dürfen!
Der Hauptausschuss der GGG hat sich mit dem Thema beschäftigt
Die Diskussion im Hauptausschuss am 24.9.2024 spiegelte nicht nur die Vielfalt der Regelungen in den Bundesländern wider, sondern ließ auch die große Zahl von Versuchen erkennen, die komplizierte Situation schulisch handhabbar zu machen. Dazu wurde von allerlei Bemühungen der Schulverwaltungen, aber auch von schulinternen Regelungen und Verabredungen berichtet. Und klar, die GGG begibt sich auf ein schwieriges Feld, wenn sie hier eine Meinungsbildung Richtung gemeinsamer Unterricht und Lernen mit- und voneinander, nicht nebeneinander her vorantreiben will. Hier werden wir einen langen Atem brauchen, aber das kennen wir. Konsens war, dass die GGG am Ball bleiben, Gespräche mit unseren Bündnispartnern Grundschulverband und GEW führen und das Thema vielleicht bei den Himmelfahrtstagungen sowie beim nächsten Bundeskongress auf die Tagesordnung bringen will.
Wer sich tiefer einlesen möchte, dem sei das Buch „Religionsunterricht oder Ethikunterricht? Entstehung des Religionsunterrichts – Rechtsentwicklung und heutige Rechtslage – politischer Entscheidungsbedarf“ von Hartmut Kreß empfohlen. Erschienen 2022 im Nomos Verlag. Erfreulicherweise ist das teure Buch im open access zugänglich4. Meine Rezension gibt es im Humanistischen Pressedienst5.
1 https://www.ekd.de/vernetzte-vielfalt-68334.htm
2 https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/religionsmonitor/ueber-die-studie
3 https://fowid.de/meldung/religions-und-oder-ethikunterricht
4 https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/9783748932116.pdf?download_full_pdf=1
5 https://hpd.de/artikel/religionsunterricht-oder-ethikunterricht-20499
Artikel aus Die Schule für alle Heft 2024/4
D. Zielinski: Innovationskongress 'Oberstufe 2024'
Wie kommen wir zu einer zukunftsfähigen Oberstufe? Ideen sind da, aber auch Hindernisse.
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Innovationskongress
Oberstufe 2024
Dieter Zielinski
Der erste Innovationskongress Oberstufe fand am 13. und 14. September 2024 auf Einladung des Bündnisses für ein zukunftsfähiges Abitur1, dem die GGG angehört, an der Humboldt-Universität Berlin sowie der Evangelischen Schule Berlin-Zentrum statt. Anknüpfend an die Potsdamer Erklärung2 ging es darum, „die Innovationskräfte zu vernetzen und über innovative und teilweise heute schon praktizierte Modelle an Schulen ins Gespräch zu kommen.“
Weit mehr als 300 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet hatten sich zu diesem Kongress angemeldet und damit ein Zeichen für das Interesse und den Veränderungsbedarf an Fragen der Zukunftsfähigkeit des Abiturs gesetzt.
In ihrem Eröffnungsvortrag nahm Prof. Dr. Anne Sliwka von der Universität Heidelberg eine Einordnung vor. Nach ihrer Analyse entwickelten sich heute alle wichtigen Initiativen aus der Zivilgesellschaft heraus. Zunehmende Unsicherheiten und eine unsere Gesellschaft insgesamt verändernde digitale Revolution machten es erforderlich, auch die Bildung für das 21. Jahrhundert neu zu denken. Künftig werde es nach Sliwka wesentlich mehr auf Metakognitionen wie z. B. Selbstregulation, Selbstreflexion, Eigenverantwortlichkeit und Teamfähigkeit ankommen. „Teach less – learn more“ sei jetzt die Devise. Wie eine pädagogische Praxis dazu aussehen könne, beschrieb sie mit dem „deeper-learning“-Modell.
Anregend waren die anschließend von Jöran Muuß-Merholz präsentierten Visionen zur Schule im Jahr 2040, auch wenn diese aufgrund einer Erkrankung des Darstellers nur filmisch gezeigt werden konnten.
Mit diesen Perspektiven wechselten die Teilnehmer:innen den Veranstaltungsort und begaben sich in die Evangelische Schule Berlin-Zentrum. Hier wurde das Programm am Nachmittag mit einem Angebot von mehr als 20 Workshops fortgesetzt, u. a. zu Themen wie „Abitur und Gesellenbrief“, „Digital hybride Oberstufenkurse“, „Lern- und Feedbackkultur in einer zeitgemäßen Oberstufe“ aber auch „Politische Rahmenbedingungen für ein zukunftsfähiges Abitur“.
Welche Überlegungen auf der administrativen Ebene zurzeit in Bezug auf die Umsetzung der zuletzt von der KMK beschlossenen „Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe und der Abiturprüfung“ angestellt würden, beschrieb der in Vertretung seiner Ministerin Julia Willie Hamburg angereiste Abteilungsleiter des Niedersächsischen Kultusministeriums Carsten Milde. Seine Darstellungen zeigten insbesondere, dass im Rahmen der getroffenen Vereinbarung manches möglich wird, aber auch, dass das Korsett in Bezug auf die Zukunftsfähigkeit der Oberstufe noch viel zu eng geschnürt ist.
Dass administrative Vorgaben und Praxiserfahrungen zusammengebracht und in Wechselwirkung weiter entwickelt werden müssen, war für mich die wichtigste Erkenntnis aus diesem Kongress. Wie dies möglich sein könnte, wurde in der Vorstellung einer in Hamburg eingerichteten Kommission zur Entwicklung von Qualitätskriterien für den Umgang mit alternativen und komplexeren Prüfungsformaten wie z. B. Klausurersatzleistungen deutlich.
Zur Lebendigkeit des Kongresses trugen auch die aktive Beteiligung von Schüler:innen und die immer wieder eingestreuten Innovationsimpulse z. B. von Andreas Schleicher (filmisch) oder Ralph Brinkhaus (in Präsenz) bei. Zusammengefasst gesagt war es eine rundum gelungene und dem Anliegen, einem zukunftsfähigen Abitur näher zu kommen, befördernde Veranstaltung. Stellvertretend für das gesamte Vorbereitungsteam seien hier Friedemann Stöffler und Inge Gembach-Röntgen für die perfekte Vorbereitung und Organisation gedankt. Für den 18./19. September 2026 ist eine Fortführung des Kongresses mit noch mehr Teilnehmer:innen geplant.
1 https://www.buendnis-zukunft-abitur.de/das-buendnis/
2 https://www.buendnis-zukunft-abitur.de/wp-content/uploads/2024/02/Potsdamer-Erklaerung-Download.pdf
Artikel aus Die Schule für alle Heft 2024/4
Die Schule für alle und die AfD: Inkompatibel!
Eine Schule für alle: Die AfD will das Gegenteil – GGG-Presseerklärung und ergänzender Kommentar von Christa Lohmann
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Eine Schule für alle und die AfD: Inkompatibel!
Der Hauptausschuss im September dieses Jahres hat sich mit den Vorstellungen der AfD und insbesondere mit ihren bildungspolitischen Absichten beschäftigt. Ein Fazit zieht die GGG-Pressemitteilung vom 22.9.2024, die wir hier auszugsweise wiedergeben. Christa Lohmann ergänzt sie und zeigt in ihrem Kommentar, in welch erschreckendem Maße die AfD sich gegen die Eine Schule für alle und das zu Grunde liegende Menschenbild wendet.
Wehren wir uns
– unsere demokratische Gesellschaft ist gefährdet!
GGG-Pressemitteilung vom 22.09.2024:
Die GGG nimmt Stellung zu den Wahlergebnissen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg.
Mit großer Sorge blicken die Mitglieder des GGG-Hauptausschusses, der vom 20.09. bis zum 22.09.2024 in Bad Sassendorf getagt hat, auf die Landtagswahlergebnisse in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Die in den ersten beiden Ländern als gesichert rechtsextrem, in Brandenburg als Verdachtsfall eingeschätzte AfD hat Wahlergebnisse erzielt, die ihr weiteren politischen Einfluss ermöglichen. Schon jetzt hat die AfD über ihre parlamentarische Präsenz erheblichen Einfluss auf die politische Debatte, sollte sie an der Regierung beteiligt werden, wäre sie in der Lage, ihre grundgesetzwidrigen, dem Menschenrecht widersprechenden Vorstellungen auch im Bildungsbereich umzusetzen.
Die vollständige Pressemitteilung
Achtung! Demokratie in Gefahr
Ein Kommentar von Christa Lohmann
Nach den hohen Wahlerfolgen für die AfD in drei Bundesländern, davon zweimal mit einer Sperrminorität ausgestattet, wächst meine Sorge um die Stabilität der demokratischen Strukturen und unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt; wächst meine Angst, dass die GGG und mit ihr die Schulen des gemeinsamen Lernens wie z. B. Gesamt- und Gemeinschaftsschulen in ihren Zielvorstellungen für Schule und Lernen massiv gefährdet sind.
- Wir setzen uns für Heterogenität und den damit verbundenen kulturellen, religiösen und ethnischen Reichtum ein, von dem alle Lernenden profitieren – die AfD will autochthone Klassen, nach einem strengen Leistungsprinzip ausgewählt, damit eine völkische Elite gefördert werden kann.
- Wir bekennen uns zur inklusiven Schule – die AfD hält Inklusion für ein Ideologieprojekt, bei dem die Stärkeren von den Schwächeren ausgebremst werden. Sie unterstützt deshalb den Erhalt von Förder- und Sonderschulen.
- Wir setzen uns für Diversität in Schulen und in der Gesellschaft ein – sie propagiert den völkischen Staat mit ihrem Wahlslogan „Deutschland für die Deutschen“.
- Über Schule hinaus befürworten wir das Asylrecht, um von Verfolgung und Tod bedrohten Menschen Schutz zu geben – die AfD, die an dem Potsdamer Treffen beteiligt war, hat „Remigration“ angekündigt, nicht zuletzt seien die Migrantenkinder schuld an den schlechten Leistungsergebnissen.
- Wir bemühen uns in unseren Schulen darum, kein Kind zu beschämen, jedem einzelnen Jugendlichen gerecht zu werden, seine Möglichkeiten zu sehen und zu entwickeln – die AfD lehnt Individualisierung ab, fordert wieder hartes Durchgreifen und Strafen wie ein Kind in die Ecke stellen.
- Wir wollen mit den Kindern und Jugendlichen auf Augenhöhe kommunizieren, Regeln verständlich machen, damit sie Teilhabe und Mitbestimmung lernen können – die AfD will die autoritäre Schule, um damit auch jeglicher Verweichlichung entgegenzuwirken. Echte Männlichkeit soll in der Erziehung wieder eine Rolle spielen. Ich erinnere aus der Nazi-Zeit das Postulat: „Zäh wie Leder, hart wie Kruppstahl, flink wie die Windhunde“. Das Pendant dazu ist der von der AfD geforderte Mut zur Mutterschaft, wie auch von Hitler damals gefordert, und zu einer kinderreichen, gesunden Familie.
- Unser Ziel ist die demokratische Schule1, die im Unterricht und in den Strukturen der Schule Mitbestimmung und Mitentscheidung erleben lässt – die AfD propagiert das Demokratieverbot. Es darf an Schulen keine politische Aufklärung mehr geben. Mittel für politische Bildung sollen ebenso abgeschafft werden wie Landesprogramme für Toleranz und Weltoffenheit. Initiativen gegen Antisemitismus, Schulfahrten zum KZ Buchenwald o. ä. Projekte werden sofort nach Regierungsübernahme durch die AfD verboten.
Was sich hier zusammenbraut2, weckt übelste Erinnerungen an die Jahre nach Hitlers Machtergreifung. Wenige hatten damals Hitlers „Mein Kampf“ gelesen und waren später überrascht, dass man Vieles von den politischen Entscheidungen hätte wissen können, die Deutschland ins Unglück gestürzt haben. Hätte uns mehr Wissen retten können? Mit Sicherheit nicht allein. „Erleben und Handeln sind besser als Bücher“ schreibt Prof. Aladin El Mafaalani in einem Interview. Politische Bildung ist unerlässlich in der Schule, aber noch wichtiger ist, dass Schülerinnen und Schüler eine demokratische Schule erleben, in der Teilhabe praktiziert wird und die jungen Menschen erleben, dass ihre Mitbestimmung Gewicht hat und ausgehandelte Kompromisse zu Lösungen führen können.
1 s. auch „Die Schule für alle“ 2021/2 Demokratie, Demokratische Schule – Schule der Demokatie, https://ggg-web.de/publikationen/ggg-zeitschrift/1495-die-schule-fuer-alle-2021-2
2 PROGRAMM FÜR DEUTSCHLAND. Das Grundsatzprogramm der Alternative für Deutschland. Stuttgart 2016
Artikel aus Die Schule für alle Heft 2024/4