Von einer Schülerin mit Zivilcourage, die nicht nur Markus Söder herausforde
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„Abfragen abschaffen!“
Warum ich mich als Schülerin für eine neue Prüfungskultur einsetze
Amelie
Als ich im Juni 2024 meine Petition „Schluss mit Abfragen und Exen!“ gestartet habe, hätte ich nie gedacht, welche Wellen sie schlagen würde. Inzwischen haben über 55.000 Menschen unterschrieben, wir haben eine beeindruckende Demo auf die Beine gestellt und die Petition feierlich im Bayerischen Landtag übergeben. Doch für mich war das alles mehr als ein Projekt. Es war der Beginn einer Bewegung – und für mich persönlich der Moment, in dem ich entschieden habe, Bildungsaktivistin zu sein.
Warum ich Exen und Abfragen abschaffen will
Seit Beginn meiner Schulzeit begleiten mich unangekündigte Leistungsnachweise. Immer wieder gab es diese Momente, in denen es hieß: „Hefte weg, wir schreiben eine Ex.“ Ich erinnere mich noch gut an das Gefühl – die plötzliche Anspannung, die Angst, das Herzklopfen. Manche Mitschüler:innen weinten, andere verstummten. Lange dachte ich, ich bin einfach selbst Schuld – bis ich begriff: Dieses System bringt nicht das Beste in uns zum Vorschein, sondern lähmt uns.
Statt unsere Fähigkeiten zu fördern, prüft es, ob wir in einem bestimmten Moment „erwischt“ werden, wenn wir etwas (noch) nicht können.
Ich wünsche mir eine Schule, die auf Vertrauen setzt – nicht auf Kontrolle. Eine Schule, die uns mit ehrlichem, konstruktivem Feedback stärkt und uns Mut macht. Exen und mündliche Abfragen, wie sie aktuell praktiziert werden, stehen dem entgegen. Deshalb war für mich klar, dass sich etwas ändern muss. Und ich wusste: Dafür braucht es eine bayernweite Öffentlichkeit.
Die Demo: laut, bunt und entschlossen
Die Wochen vor dem 6. April 2025 waren intensiv: Plakate gestalten, Bühnenprogramm planen, Redner:innen koordinieren, Interviews geben. Unser Organisationsteam war rund um die Uhr im Einsatz. Und dann stand ich da, auf dem Wittelsbacher Platz in München, vor über 500 Menschen, bei strahlendem Sonnenschein. Es war ein überwältigender Moment. Wir waren laut, bunt, entschlossen – und voller Energie.
Diese Demo war weit mehr als ein Protest gegen Exen. Es war ein deutliches Signal für eine andere Bildung: mit Musik, Poetry, klaren Worten – und auch Humor. Besonders eindrucksvoll war der Auftritt von „Markus Söder“ – alias Kabarettist Ecco Meineke –, der sich live auf der Bühne abfragen ließ. So charmant und gleichzeitig pointiert wurde selten Kritik an der bayerischen Bildungspolitik geübt.
Die Übergabe im Landtag: mit Haltung und Hoffnung
Nur zwei Tage nach der Demo haben wir – eine Gruppe von 14 Schüler:innen – die Petition offiziell an Dr. Ute Eiling-Hüting, die Vorsitzende des Bildungsausschusses, übergeben. Die Medien waren vor Ort, Kameras und Mikrofone auf uns gerichtet. Und wir – mitten im Geschehen, nicht als Zuschauer:innen, sondern als aktive Gestalter:innen.
Wir sind davon überzeugt: Viel zu lange wurde Bildungspolitik ohne uns Schüler*innen gemacht – diese Zeiten sind jetzt endgültig vorbei!
Die Petition liegt nun im Ausschuss – und wir warten gespannt auf die nächste Sitzung. Aber egal, wie es dort ausgeht: Für uns war das erst der Anfang. Direkt nach der Demo kamen über 40 Schüler:innen zum ersten „Wie weiter?“-Treffen. Das motiviert uns und zeigt, dass es weiter geht.
Schule darf kein Ort der Angst sein. Und wir lassen uns nicht mehr einreden, dass es „schon immer so war“. Denn wir wissen: Schule kann anders sein. Schule muss anders sein.
Die Petition war nur der erste Schritt. Und es war ein deutliches Zeichen: Schüler:innen lassen sich nicht länger übergehen. Wir fordern Veränderung – mit Fakten, mit Weitblick und mit ganz viel Herz.
Weitere Informationen:
https://abfragen-abschaffen.de/
Artikel aus Die Schule für alle Heft 2025/2