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Stimmungsbericht
von der Hauptausschusssitzung in Bad Sassendorf
Johann Knigge-Blietschau
Nach drei Jahren als Co-Vorsitzender unseres kleinen, aber sehr feinen Landesverbandes Schleswig-Holstein habe ich im September zum ersten Mal an der Hauptausschusssitzung teilgenommen. Für mich war das eine horizonterweiternde Erfahrung.
Natürlich hatten wir mit Dieter Zielinski als Bundesvorsitzendem und langjährigem Landesvorsitzenden immer einen kurzen Draht zur Bundes-GGG. Darum wusste ich, welche wichtigen Aktivitäten die GGG auf Bundesebene entfaltet. Aber der Hauptausschuss hat für mich greifbar gemacht, wie bundesweit vernetzt und handlungsfähig unser Verband ist. Allerdings wurde auch deutlich, dass wir in der Altersstufe unter 50 noch deutlich stärker werden müssen.
Handlungsfähig – dieser Anspruch wurde gleich beim ersten großen inhaltlichen Thema deutlich: Auf welchem Weg kommen wir zur einen Schule für alle? Der Auftakt dazu war gelungen: In einem sehr interessanten Impulsreferat von Rainer Dahlhaus wurden die zahlreichen Hindernisse auf diesem Weg thematisiert. Im Zentrum stand dabei die Bündelung sozialer Problemlagen an Schulen des gemeinsamen Lernens in der Konkurrenz zu Gymnasien, unterlegt mit sehr aufschlussreichem Zahlenmaterial, insbesondere Sozialindizes. Die Weiterarbeit an diesem Thema wurde zunächst an die Bundesarbeitsgruppe Politik delegiert. Der Kampf für die eine Schule für alle ist angesichts der zunehmenden Bildungsungerechtigkeit objektiv immer wichtiger. Auch wenn die Aussicht, ihn in absehbarer Zeit zu gewinnen, ausgesprochen schlecht sind, ist es dennoch motivierend, das große Ziel nicht aus dem Auge zu verlieren. Es zeugt vom Selbstbewusstsein unseres Verbandes.
Beeindruckt war ich von den Berichten vom Bundeskongress in Sachsen. Auch hier wurde für mich die strategische Handlungsfähigkeit der GGG in einer Weise deutlich, die ich bis dahin nicht gesehen hatte: Einen großen Kongress mit lokalen Partnern in einem Bundesland zu veranstalten, wo die Schulen des gemeinsamen Lernens noch schwach sind, ist eine großartige Leistung, für die alle Verantwortlichen zu Recht überschwängliches Lob bekommen haben. Ich bin sehr gespannt, ob es gelingt, eine ähnlich erfolgreiche Veranstaltung 2026 in Thüringen durchzuführen. Das ist zumindest der Plan.
Fachlich hochinteressant war der Vortrag zur äußeren Differenzierung in den Schulen des gemeinsamen Lernens. Der per Video zugeschaltete Referent Dr. Benjamin Edelstein hatte anhand der Schulgesetze der Bundesländer die Schulstruktur mit einem Fokus auf die integrierten Schulformen analysiert. Dabei zeigte sich, dass eine vollständige Integration der Schülerinnen und Schüler in binnendifferenzierten Lerngruppen keineswegs vorausgesetzt werden kann. Die Aufteilung der Schüler*innen zumindest in Kursen, die verschiedenen Bildungsgängen zugeordnet werden, ist nach wie vor weit verbreitet – in Schleswig-Holstein existiert diese nur noch als Ausnahme vom gemeinsamen Unterricht. Damit ist SH in der Integration relativ weit vorn – aber auch in unserem Bundesland gibt es Schulen, die es mit der „Verkursung“ in den oberen Klassenstufen so weit treiben, dass die Schülerinnen und Schüler kaum noch in einer Klasse zusammensitzen.
Dies ist kein vollständiger Bericht. Es gab noch zahlreiche weitere wichtige Impulse – nicht zuletzt die Bemühungen, die Website der GGG neu zu gestalten. Inhaltlich waren diese drei Tage sehr angefüllt und spannend. Vor allem habe ich mich aber auch gefreut, die Aktiven unseres Verbandes aus den anderen Bundesländern beim abendlichen Zusammensein näher kennen zu lernen. Unterkunft, Verpflegung und Logistik waren perfekt. Ich bin sehr froh, an der Tagung teilgenommen zu haben und freue mich auf das nächste Mal.
Artikel aus Die Schule für alle Heft 2024/4