Die aus der Schweiz stammende Journalisten und Buchautorin Bernadette Calonego berichtet seit 10 Jahre für diverse Zeitungen, so auch für die Süddeutsche, aus Kanada. Ihr erster Bericht in diesem Jahr ist für LehrerInnen, Eltern und BildungspolitikerInnen sowie insbesondere für SchülerInnen interessant:
In dem C.W.-Jefferys-Collegiate-Institute, Toronto, reagierten LehrerInnen, Schulleitung und Behörde auf den Mord an einem Schüler durch einen minderjährigen Täter überraschend anders, als es zu erwarten gewesen wäre. Im Foyer der Schule steht morgens ein Frühstücksbuffet mit „Käse, Brot, Joghurt, Cornflakes, Schokomilch, Karotten, Obst, Apfelmus und Orangensaft. Täglich variierend, frei verfügbar für Schüler – so viel sie wollen“.
Doch nur auf den ersten Blick ist diese Reaktion ungewöhnlich, denn denkt man, wie die LehrerInnen dieser Schule, etwas länger nach, kann man zur Erkenntnis kommen, dass ein hungriger Schüler schneller aggressiv wird und Kinder mit leerem Magen sind wohl „ängstlicher, ruheloser, können sich schlechter konzentrieren“. Wie in Deutschland kommen auch in Toronto (dort 68% ) der SchülerInnen ohne gegessen zu haben in die Schule. Jetzt profitieren 125 000 vom Programm, dass 'Feeding our Future' (Unsere Zukunft nähren) genannt wird. Und die Folgen: „Die gesättigten Schüler sind weniger aggressiv, kommen zuverlässiger zur Schule, haben ein stärkeres Selbstwertgefühl – und erreichen sogar bessere Noten.“ SchülerInnen, die gefrühstückt haben, schneiden z.B. in Mathematik besser ab.
Ein direkter Zusammenhang zwischen hungrigen Schülern und Gewaltbereitschaft wurde noch nicht untersucht, doch ein Absinken des Störverhaltens beobachtet der Schulleiter dieses Instituts: „Sie spüren, dass sie der Schule am Herzen liegen“, zitiert ihn die Autorin. „Es entsteht ein Gemeinschaftsgefühl.“
Solche positiven Effekte einer einsichtigen Reaktion auf eine schlimme Tat sollte sich das Saarland nicht entgehen lassen. Wenn in Zukunft aufgrund der Demographie jeder Schüler und jede Schülerin einen Schulabschluss erwerben und eine Ausbildung abgeschlossen haben muss, weil sie alle gebraucht werden, um Fachkräftemangel abzuwenden, dann ist das Schulfrühstück eine wunderbar preiswerte Einrichtung. Die Tafeln in Saarbrücken und anderswo sollten zusammen mit den Arbeitskreisen Wirtschaft, mit den Schulträgern und den LehrerInnen und vielen Sponsoren die Einrichtung von Frühstücksbuffets planen und realisieren. Gesund und ausreichend ernährte Kinder und Jugendliche werden, das zeigt das Beispiel aus Toronto, bessere SchülerInnen sein.
Die Zweifel, dass Frühstück gegen Gewalt helfen kann, bleiben bei mir bestehen. Diese hat wohl ihren Ursprung nicht im leeren Magen. Nicht nur deshalb ist die Einstellung von Schoolworkern eine wichtige politische Reaktion der saarländischen Landesregierung auf einen Amoklauf gewesen.
Aber wenn der gut gefüllte Magen zu Wohlgefühl und Lernbereitschaft führt, werden Unterricht und Schule weniger Stress bereiten. - Entspannt wird dann die eine Lehrerin oder der andere Lehrer zu einem der Bücher (auch Krimis) greifen, die Bernadette Calonego auch geschrieben hat.