Nach unserer „Anhörung“ der Parlamentarier am 14.01. in Kirkel
- Die CDU hat vor allem dies Problem: Der demografische Wandel macht Schulschließungen unumgänglich. Geschlossen werden müssten derzeit Erweiterte Realschulen. Diese aber versteht die CDU als ihre „Kinder“; besonders Frau Kramp-Karrenbauer hat sich für die ERS stark gemacht. Nun soll, will, könnte sie „Landesmutter“ werden und müsste als solche sich einiger ihrer „Kinder“ entledigen. - Da schließt man doch besser Gemeinschaftsschulen.
◦ Vernebelt wird zugleich, dass keine GeS geschlossen werden muss.
◦ Klar ist zugleich, dass kein Gymnasium geschlossen wird. Die Schließung des Gymn. Dudweiler vor fast 25 Jahren steckt sicher auch der SPD noch in den Knochen.
◦ Gymnasien werden in Zukunft eine starke Haltekraft entwickeln. Sie werden so viele Schüler aufnehmen wie bisher, dadurch jedoch den Anteil am Jahrgang erhöhen. Die vom Minister vorgesehene Änderung des 5. und 6. Schuljahres werden diese Entwicklung stützen.
- Die FDP schützt, wie die CDU und die LandesGRÜNEN auch, das tief im Bürgertum verwurzelte Gymnasium, das ab sofort immer grundständig ist. Sie spricht es dankenswerterweise auch klar aus. (Die von dieser Partei entwickelte „Offene Schule“, sie gibt es vielfach ausgezeichnet in Kassel, ist im Saarland nicht bekannt und anderswo vergessen.) Das scheint ehrenwert, da dieses Klientel deutlich größer ist als die Zahl der Hotelbesitzer. Dass diese Schulform ständischem Denken des 17. - 19. Jahrhunderts folgt und entsprechendes Handeln demokratisch nicht legitimierbar ist, wussten bereits die konservativen und letztlich erfolgreichen Gegenspieler der Humboldtschen Stufenschulidee: Eine Stufenschule, wie die Humanisten in Preußen sie wünschten, sei vielleicht für Demokratien gut, mit Monarchien aber vertrage sie sich gewiss nicht! schrieb sinngemäß von Humboldts Nachfolger im Ministerium Ludolf von Beckedorff (1817).
◦ Sympathisch an der FDP das klare Bekenntnis zur Ständeschule. Da weiß ich, woran ich bin. Auf dieser Basis kann ich verhandeln.
◦ Ärgerlich die politische Haltung: Diese Schulform ist vom Bürgertum gewünscht und wir wollen daran nichts ändern. Hildegard Hamm-Brücher und Ralf Dahrendorf (Bildung ist Bürgerrecht!) und manch andere Liberale haben darüber anders gedacht.
- Die GRÜNEN haben ein Glaubwürdigkeitsproblem. Ihr Minister war ein Verfechter der Gesamtschule. Nun sollen wir ihm und seiner Partei glauben, dass in der Gemeinschaftsschule, die sich aus der Tradition der Volksschule als Pflichtschule entwickeln soll, das zergliederte Schulsystem ein dauerhaft gültiges und glückliches Ende (Schulfrieden) finden soll. Viele wissen, dass er – und viele in seiner Partei auch - weiß: Der Kompromiss ist faul. Deshalb wird er besonders heftig verteidigt zum persönlichen Glaubwürdigkeitsproblem stilisiert.
- Alle drei Parteien sind an der Realisierung von Gleichwertigkeit nicht wirklich interessiert. Sie veranlassen keine Berechnungen, keine Planungen, kein „Eckpunktepapier“.
- Die SPD besinnt sich auf die Gesamtschule. Das ist gut so, auch wenn wir nicht vergessen, dass diese Partei ihr „Kind“ nach furioser Geburtsfeier mit Diether Breitenbach 1975ff recht vernachlässigt hat. - Ihr Kompromissangebot: Gemeinschaftsschule ja, wenn diese dem Gymnasium gleichwertig ist, kann ich nachvollziehen.
- Auch Sozialdemokraten wissen, dass die Bürgerlichen nicht nur in der kleinen FDP und der großen CDU zu finden sind. Meine Sorge, dass die Diskussion sich im Kleinklein verhaspelt. In diesem Kleinklein verdunstet der Anspruch einer erfolgreichen Schule für allen im Feuer des Ringens um die gymnasiale Oberstufe und damit wieder um das von der FDP geschätzte Wählerpotential.
- Der Fraktionsvorsitzende der LINKEN wird sich noch an seine 1. Amtszeit als MP erinnern. Er hat die Gesamtschule mit auf den Weg gebracht. Die LINKE versteht sich deutlicher noch als die SPD als Anwalt der Schüler(innen) mit längeren Wegen zum erfolgreichen Schulabschluss. Dies ist in der Diskussion zu wenig zu hören.
- Alle Parteien eint, dass sie keine ethisch begründete Diskussion führen. Welches Menschenbild verbirgt sich hinter ihren jeweiligen Positionen? Welche Folgerungen ziehen sie daraus?
- Alle Parteien eint, dass sie sich der empirischen Daten der Schulforschung nicht bedienen.
- Alle Parteien eint, dass sie die Daten gestützte Argumentation der OECD nicht aufnehmen: Mittlerer Bildungsabschluss ist Mindestvoraussetzung für qualifizierte Berufsausbildung, für uneingeschränkte Teilhabe am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen Leben.
- Alle Parteien eint, dass sie keine Zielvorgaben, keine Schulerfolgsdaten festlegen. Welche Abschlussquoten soll nach einer Schulreform erreicht werden. An welcher Position soll sich das saarländische Schulsystem in internationalen Vergleichsstudien in etwa 5-10 Jahren wiederfinden.
- Alle Parteien eint, dass sie keine finanzielle Planung vorlegen. Wie hoch wird die „Bildungsrendite“ in den kommenden 10 Jahren tatsächlich. Wie wird sie – überprüfbar – verwendet.
- Alle Parteien eint, dass sie weder in ihren Bundesorganisationen noch über den Bundesrat, die KMK oder sonst wo gegen die „Verzwergung“ der Bildung arbeiten. Zu prüfen wäre doch, ob SL, R-P, H gemeinsame Schulpolitik machen können.
Es wird eine Reform „nach Kassenlage“ angestrebt. Also genau in die Kasse geschaut: eine Minusreform.