überregional
Diskurs

 

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Lebenswelt-bezogenes Lernen und Lebens-Freude im Lernen: das ist diese sich durchdringende, diese anregende und ausstrahlende Wechselseitigkeit,  die ich mir für wahre Bildungs-Stätten wünsche. Was ich unter Bildung verstehe?

„Bildung ist die andauernde Bereitschaft und das nachhaltige Bemühen, sich selbst, die Menschen und die Menschheit, die Welt und den Kosmos,  gründlich, jedenfalls im Grundsatz, zunächst verstehen zu wollen; um dann diese Welt - selbst-bewusst und sozial-verantwortlich -  so mit-zugestalten, dass sie lebenswert bleibt; noch besser: dass sie noch liebenswerter wird.“



Diesem BILDUNGS-Begriff liegen Aussagen zugrunde, die sich trotz ihrer Komplexität kurz und prägnant formulieren lassen. In diesen Aussagen sind auch schon Handlungs-Anregungen, Handlungs-Impulse und Handlungs-Aufforderungen angedeutet, sie sind darin enthalten:

IM LEBEN LERNEN – IM LERNEN LEBEN

  • Jeder Mensch ist kompetent
  • Lernen kann ich überall
  • Gemeinsam ist besser als einsam
  • Vielfalt ist anregender als Einfalt
  • Eigenes Tun lehrt mich am besten
  • Verantwortung baut auf
  • Vertrauen fördert das Verstehen
  • Gefühle stiften Einsichten
  • Fehler sind Freunde
  • Üben macht die Meisterin
  • Leistung verdient Anerkennung
  • Wege entstehen beim Gehen
  • Reisen bildet
  • Umwege erhöhen die Ortskenntnis
  • Das Leben stellt die Fragen

Wie lässt sich diese BILDUNG erleben und erfahren, damit daraus handlungsleitende Erkenntnisse und erkenntnisträchtige Handlungen erwachsen?
Lässt sich diese BILDUNG auch aus-bilden???

Bildung ist vor allem Selbst-Bildung. Dies ist gegen den grassierenden, gegen den oft bevormundenden und dabei entmündigenden Belehrungs-Wahn immer und immer wieder zu betonen und zu wiederholen. - Aber: es lassen sich natürlich und sehr bewusst immer wieder besondere Gelegenheits-Strukturen schaffen, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass in diesem Sinne immer mehr Personen leben und lernen, erfahren und erkennen – und dadurch eben in umfassender Weise, sagen wir es durchaus nochmal: ganzheitlich lernen. Aus solchem lernen, baut sich dann BILDUNG in SELBST-BILDUNG auf.

Von einer solchen „besonderen Gelegenheits-Struktur“ sei hier - in Kürze und absichtsvoll subjektiv - berichtet. Diese Gelegenheits-Struktur trägt einen Namen. Der Name beginnt, Mythos zu werden. Wie heißt der Name: BEATENBERG.

Ich meine damit weniger das Institut Beatenberg im Berner Oberland in der Schweiz als solches, über das bei www.institut-beatenberg.ch entsprechendes nachzulesen ist.  Dennoch: diese Selbstbekundung sei als „Duftnote“ wenigstens genannt: „eine Privatschule, die ihre Schüler zum eigenständigen Lernen führt.“

Worauf ich hier hinweisen möchte, das passt zu dem obigen Stichwort REISEN BILDET in ausgezeichneter und sich auszeichnender Weise.

Vom 01. - 05. Februar 2013 sind nun schon zum 17. Mal (!) eine Reisegruppe in dieses Schweizer Internat aus Deutschland aufgebrochen, um dort - die InternatsschülerInnen sind dann in Ferien - Intensivtage zu verbringen im Geiste obiger Bildungs- und Lern-Vorstel-lungen.

Warum schickt sich „REISEN NACH BEATENBERG“ an, Mythos zu werden?

  1. Pädagogische Professionen verschiedener Art, unterschiedliche Lehrämter,  nicht nur Schul-Pädagogen, sondern auch Sozial-Pädagogen,  nicht nur Professionelle Pädagogen, sondern auch Laien-Pädagogen,  wohl-wollend und wert-schätzend sind damit vor allem auch Eltern und Elternvertreter gemeint, aber auch Wissenschaftler und Fortbildnerinnen und Fortbildner, machen sich – im wahrsten Sinne des Wortes – auf den Weg …
    1. Manche von den Weg-Bereitern, Weg-Begleitern und Weg-Suchenden haben gerade ihre Ausbildung abgeschlossen und suchen sich ihren Weg im Labyrinth der Anweisungen und Emffehlungen einer verwirrenden und manchmal sich verirrenden Praxis, im Labyrinth von Theorien, die erhellend sein können, oft genug aber nicht erkennen und manchmal nur schwer verstehen lassen, wohin es führt, folgt man den gedanklichen Konstruktionen ...
    2. Manche sind Oldtimer und Archetypen, die nicht lassen können von dem, was sie ihr Leben, ihr ganzes Berufs-Leben lang bewegt hat, was sie bewegt haben und was sie noch immer bewegen wollen ...
    3. Manche sind in einer HOCH-Phase der Intensivität in der Entwicklung ihrer Schule, in der lokalen, kommunalen, regionalen  Schul-Entwicklung eingewickelt …
    4. Manche befinden sich in einer TIEF-Phase, wollen aber gerade deswegen auf- und aus-brechen, um nicht depressiv im Vor-Ruhe-Stand zu landen ...
    5. Vorwiegend aus Hessen kommend, aber dennoch auch aus der ganzen Republik, machen sich die BEATENBERG-REISENDEN auf einen eher weiten Weg: ab Frankfurt/Main auf einen BUS-Weg, wobei die Bus-Fahrt schon ein anregender Austauschort ist, so dass beim Ankommen im Institut Beatenberg in der Schweiz  schon ein Miteinander-Verbundensein bei vielen sich entwickelt hat …
  2. Was eint alle Reisenden? Viererlei will ich hier – natürlich primär aus meiner Sicht – nennen:
    1. Sie sind - darf ich fast vorsichtshalber einfügen? - alle davon überzeugt, dass die EINE Schule für ALLE, die Schule der VIELFALT in der GEMEINSAMKEIT, die Schule für die GESAMTE GESELLSCHAFT, die GESAMTSCHULE also,  sie darf auch, wer's so lieber hat, GEMEINSCHAFTSSCHULE heißen, die Schule ist, in der die zukunftsfähigen Lebens-Qualifikationen zum Über-Leben am nachhaltigsten zu lernen sind.
    2. Lernen ist Aufgabe – ein Leben lang. Lehrerinnen und Lehrer, Pädagogen im weitesten Sinne, siehe oben, auch Politiker z. B. sind ja immens pädagogisch tätig, selbst wenn es ihnen nicht immer bewusst ist, ihr aller Beruf ist vor allem und insbesondere - LERNEN. Ihr Lernen ist noch wichtiger als ihr Lehren. Nur wer nicht aufhört, selbst immer und immer wieder zu lernen, wird der Pädagogischen Professionalität gerecht.
    3. Bildung als Selbst-Bildung braucht den Dialog und den Disput. Niemand wird hinreichend schlau und kompetent sein nur aus sich heraus und für sich alleine. Irritation durch Dialog und Disput ist weiter führend als die Abkapselung in einer dann verharrenden und sich verhärtenden Institution mit der Folge, dass die sich abschottenden Menschen verhärmen in Isolation.
    4. Bei den zwei Reisen, bei denen ich dabei war, die erste Reise war die erste Beatenberg-Reise überhaupt im Jahre 2004, habe ich beim Dialog und Disput zwischen den vielen Verschiedenen für die Fruchtbarkeit von Dialog und Disput Entscheidendes - wunderbar wohl-tuend - erlebt: Es ging nie und niemandem je primär um das Recht haben; Es ging immer um die Suche nach dem Rechten, dem Rechten im Sinne der konkreten Einlösung des oben genannten BILDUNGS-Begriffs und der sich anschließenden Grundsatz-Aussagen.
    5. Der genius loci ist wichtig. Das Institut Beatenberg ist nicht nur eine Ganztags-Schule, sie ist eine Ganz-Nacht-Schule, also ein Internat, die/das dennoch - oder gerade deswegen - relativ wenig nach Schule „riecht“. Sie ist Lebens-Raum, wonach ja so oft gerufen wird. (Und doch werden immer wieder vorrangig nur eher sterile „Klassen“-Zimmer und weniger oft einladende, ästhetische Lebens-Räume gebaut …) Das Institut Beatenberg hat nichts Mondänes, was ja manchem Schweizer Internat  sonst bisweilen - als Ruf jedenfalls - anhaftet. Schlafen in Mehrbettzimmern ist kaum
      zu vermeiden … Die Küche ist gut und einfach und wo es geht, auch regional. Für Tagungszwecke, für Einzel-, Gruppen- und Groß-Gruppen-Arbeit sind freilich alle üblichen Ausstattungen vorhanden: von der klassischen Tafel bis zum Beamer und Scanner und ...
    6. In ihrer GROSS-ART-igkeit kaum zu übertreffen sind freilich die Berge des Berner Oberlandes, auf die der Blick fasziniert sich richtet, wenn die Wolken den Blick auf z. B.  die Viertausender Jungfrau und Mönch und auf den Eiger und alle anderen Berge ebenso freigeben wie im Tal auf den Thuner See. Diese Natur- Wunder sagen dem Menschen eindeutig und eindringlich, dass er, der Mensch, nur ein Teil seiner Mit-Welt ist und dass er sich darum kümmern muss, dass diese Mit-Welt nicht im Machbarkeits-Wahn eines maßlosen Menschen verkümmert durch Ausbeutung und Vernichtung gleich welcher Art! Hier erfahren gerade auch die Stadt- und Großstadt-“Kinder“ und vor allem auch die Arbeits-Blatt-Pädagogen: die Natur ist noch immer die Bildungs-Kraft Nummer Eins!
    7. Der genius loci hat ein Pädagogisches Konzept. Ziel und Zweck des Pädagogischen Konzepts ist das selbst-bestimmte und das mehr (oder auch weniger) eigen-verantwortliche Lernen, für das fachlich orientierte und auch überfachliche Kompetenz-Raster Orientierung sein sollen. An einem am fremden Ort vorfindbaren Konzept lassen sich gut die impliziten und expliziten Konzepte in den je eigenen Köpfen und der in aller Regel weit divergierenden Praxis im Zuhause prüfen und über-prüfen. Neues lässt sich in Gedanken und Gesprächen vor-modellieren, was dann zuhause in Entwicklungs-Prozesse eingebracht wird.
    8. Und klar: einen genius loci gibt es nur selten, wenn es dort nicht auch Menschen, durchaus besondere Menschen gibt, die diesem genius ihre Gestalt geben, ihre Stimme, ihre Worte, ihre Offenheit, in der die Reisenden nicht von den Normen vor Ort überwältigt werden, sondern durchaus auch ihre eigenen Duftnoten einbringen können … Diese Menschen haben Namen: mit der Bitte um Nachsicht an die, die hier vielleicht nicht genannt werden, obwohl sie im Hintergrund eine viel größere Rolle spielen mögen, als sich das im Vordergrund zeigt, seien als Namen, seien als besondere Personen genannt:  der Institutsleiter Andreas Müller, die Lehrer Bärbel Weber und Pascal Vietro, die Schülerinnen Olivia und Armanda, die Assistentinnen Nathalie Ditzler und  Liliane Nyffenegger, die Köchin Andrea Oppliger.
      Alle Leserinnen und Leser werden es längst gemerkt haben: im Gewande des Prinzipiellen und Konkreten ist DIES hier eine Einladung, bei einer der nächsten Beatenberg-Reisen mit dabei zu sein. Damit der Mythos fortgeschrieben wird, sich differenziert, weitere Impulse erfährt.
    9. Auch das kann so gut wie garantiert werden: es entsteht - über die jeweilige Reise hinaus - ein Innovations-Netzwerk, es wachsen bleibende Verbindungen … Denn wer schon einmal gemeinsam nach Beatenberg gereist ist, viele Fahrt-Stunden, viele Spaziergang-Stunden, viele Tages- und auch viele Nacht-Stunden miteinander geteilt hat, dem fällt es leicht, die ehemals Mitreisenden auch noch lange nach der gemeinsamen Reise anzusprechen, auf sie zuzugehen, um z. B. um Material zu bitten, um neu gemachte Erfahrungen auszutauschen u. v. a. mehr. Reisen BILDET nicht nur, Reisen VERBINDET auch!

Einst, wenn Bildungs-Ärchäologen Spuren freilegen werden, wodurch welche Bildungs-Innovationen entstanden sind und sich verbreitert, sich differenziert, multipliziert und kombiniert haben, dann ist anzunehmen, dass sich dann auch Spuren ausmachen lassen, die nach Beatenberg führen und von dort zurück in viele Richtungen unseres Landes ...

Das letzte Wort gehört und sei gewidmet „natürlich“ denen, die in Kontinuität die Beatenberg-Arbeits-Reisen ermöglicht haben und weiterhin ermöglichen werden. Darum ein HERZliches DANKE, DANKE, DANKE an Ingrid Burow-Hilbig, Klaus Winkel und Hans-Peter Kirsten-Schmidt.

PS:  Im letzten Absatz heißt es Beatenberg-Arbeits-Reise. Dass die ARBEIT am genius loci die Hauptzeit einnimmt, kommt wohl - bei mir jetzt - erst im PS vor, weil die wenigsten Reiseteilnehmer die Zeit mit Arbeit – im belastenden, im negativen Sinne – in Verbindung bringen. Und doch, Ihr demnächst Reisenden, ich empfehle, macht es auch so, wie die Gruppen aus Kollegien, die „Haus“-Aufgaben von der und für die eigene Bildungsstätte mit nach Beatenberg nehmen, um sie dort zu erledigen. Arbeit, die frei und willig, die froh und mit Sinn in der Aura von Viertausendern aufgenommen und angepackt wird, diese Arbeit macht auch eine solche Reise ganz besonders WERT-voll.

Diese Gemeinschafts-Arbeit für die Gemeinsame Bildung für Alle wirkt nachhaltig über die Reise hinaus -  und gehört deswegen erst recht zum Mythos im Wandel.